Zusammenarbeit Hand in Hand DREAM:TEAM – die Restauratorin und die Kunsthistorikerin

In der Serie DREAM:TEAM stellen wir Restaurator:innen im öffentlichen Dienst vor, die mit einem Vertreter einer anderen Berufsgruppe hervorragend zusammenarbeiten. Wir glauben, dass diese Beispiele nicht selten, aber auch nicht selbstverständlich sind. Unsere DREAM:TEAMS erzählen, warum ihre gemeinsame Arbeit so gut funktioniert, aber auch von Vorurteilen und unterschiedlichen Sichtweisen. 

Unser erstes DREAM:TEAM besteht aus der Restauratorin Isabel Luft (rechts im Bild) und der Kunsthistorikerin und Kuratorin Dr. Irmgard Siede. Beide arbeiten in den Reiss-Engelhorn-Museen (rem) in Mannheim.


Isabel Luft ist Diplom-Restauratorin für kunsthandwerkliche Objekte und arbeitet in der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte. 

Dr. Irmgard Siede ist Kunsthistorikerin und betreut als Sammlungsleiterin die Angewandte Kunst / Kunsthandwerk sowie die Theater- und Literaturgeschichte / Mannheimer Musikgeschichte. 



Wie lange besteht und wie intensiv ist die Zusammenarbeit?

Isabel Luft: Meine erste Erinnerung an Irmgard stammt aus der Zeit, als wir bei einem Großprojekt, der Staufer-Ausstellung 2010/2011, zusammengearbeitet haben. Wir haben uns gewissermaßen in einer Stresssituation näher kennengelernt, denn in den Vorbereitungen der Großausstellung standen wir unter großem Druck und es gab viele Herausforderungen zu meistern. Es mussten zahlreiche Objekte ausgepackt und die Zustände protokolliert werden. Wir hatten uns vorher abgestimmt, zum Beispiel was von den Leihgebern gefordert wird und welche Bedingungen in den Vitrinen herrschen müssen. Wir mussten sehr lösungsorientiert arbeiten und das hat uns zusammengeschweißt. Es war für mich sehr hilfreich, dass Irmgard die Kommunikation mit den italienischen und französischen Kurieren übernommen und wunderbar übersetzt hat. Seit Irmgard 2016 die Sammlungsleitung im Bereich der Angewandten Kunst übernommen hat, ist unsere Zusammenarbeit intensiver. 

Irmgard Siede: Ich kenne Isabel seit 2004, als sie bei den rem anfing und habe sie damals schon als hilfsbereite Kollegin wahrgenommen, die uns bei IT-Aufgaben unterstützt hat. Bei der Staufer-Ausstellung standen wir gemeinsam am Packtisch, ich lernte sehr gut Arbeitsweise, Handling und Stress-Resistenz der Partnerin kennen. Hier waren internationale Standards im Umgang mit Objekten verlangt, die zugleich oftmals übersetzt und erläutert werden mussten: daher lernte ich Vorgehen, Überlegungen und Details beim Protokollieren und Präsentieren von Objekten vorzüglich kennen. Manchmal galt es aber auch zu vermitteln, da in anderen Ländern andere Vorstellungen zum Vorgehen herrschten. Das geht nur so reibungslos, wenn Restauratorin und Kuratorin sich einig sind. 

Welche Vorurteile mussten möglicherweise über den Beruf des Teampartners ausgeräumt werden?

Isabel Luft: Bevor ich nach Mannheim kam, war ich an anderen Museen tätig und von dort auch andere Hierarchiestrukturen gewohnt. Dort machten Kunsthistoriker beispielsweise auch Vorgaben zum Objektumgang und -handling. An den rem sind die Strukturen jedoch anders. Das bedeutet, dass die Restaurator:innen in sehr viel mehr Bereiche des Museumsalltags involviert sind und von Anfang an in viele Entscheidungen miteinbezogen werden. 

Irmgard Siede: Ich muss sagen, dass ich keine Vorurteile gegenüber Restauratoren habe. Lediglich partiell ergaben sich kleine Vorbehalte gegenüber einzelnen Häusern, wenn klimatische Bedingungen in unseren Räumen gefordert wurden, die die Leihgeber in ihren Häusern überhaupt nicht bieten konnten, wie ich bei Leihreisen vor Ort gesehen hatte. Hier hatte ich das Gefühl, Kollegen verlangen etwas, weil es technisch möglich, nicht, weil es sinnvoll für den Erhalt der Objekte ist. Da wir den Leihgaben weder einen Schaden zuführen, noch sie zurückschicken wollten, galt es in solchen Fällen mit Fingerspitzengefühl zu vermitteln.

Gab es auch mal Unverständnis oder Zusammenstöße?

Irmgard Siede: Nein, eher vereinzelt unterschiedliche Sichtweisen. Uns ist die Kommunikation wichtig, wir reden miteinander und erklären viel. Kleine Unstimmigkeiten oder Missverständnisse werden sofort ausgeräumt. Dabei spielt sicher die Persönlichkeit auch eine große Rolle. Insgesamt halte ich einen wohlwollenden Umgang miteinander für sehr wichtig.

Isabel Luft: Wir haben beide nicht das Bedürfnis, uns zu profilieren. Uns geht es in erster Linie um das Wohl der Objekte und die bestmögliche Lösung der täglichen musealen Herausforderungen. Das können wir nur gemeinsam schaffen.

Inwieweit profitiert man voneinander in der Arbeit?

Irmgard Siede: Aus meiner Sicht profitieren wir nach wie vor und immer wieder voneinander. Ich schätze es zum Beispiel sehr, wenn wir die Aufnahme der Objekte in die Museumsdatenbank gemeinsam machen. Da man gemeinsam über die Objekte spricht, kann man sofort seine Beobachtungen diskutieren. Dadurch wird mein Blick für Techniken, Reparaturen, Altretuschen etc. geschärft. Man kommt viel leichter und schneller zu objektbasierten Einordnungen.

Isabel Luft: Ja, diese Zusammenarbeit, in der beide den Blick auf das Objekt richten, ist jedes Mal bereichernd. Jeder trägt aus seinem Bereich wichtige Gesichtspunkte zu einer ganzheitlichen Objekterfassung bei. Kunsthistorische, herstellungstechnologische und (objekt-) geschichtliche Aspekte fließen so in den Datenbankeintrag ein. 

Was macht Sie zum Dreamteam?

Isabel Luft: In einer guten Zusammenarbeit teilt man sich die Aufgaben und muss sich aufeinander verlassen können. Wir holen immer wieder Schenkungen fürs Museum von privaten Sammlern ab. Es gibt jedes Mal viel vorzubereiten – Kommunikation mit dem Schenker/Stifter, Objektlisten erstellen, Zustandsprotokolle vorbereiten, Transportfahrzeug reservieren, Verpackungsmaterial zusammenstellen, etc. – und jede erledigt hierbei ihren Part zuverlässig. Über viele Sachen müssen wir gar nicht mehr sprechen.

Irmgard Siede: Unausgesprochen haben wir ganz ähnliche Vorstellungen, wie wir das Objekt bestmöglich erhalten, präsentieren und erklären. Wir ergänzen uns in unserem Handeln, Können und Wissen kongenial und können uns aufeinander verlassen. Es freut mich besonders, dass wir diese Arbeitsweise vorleben und auch an neue Mitarbeiter:innen weitergeben können. 


Dr. Irmgard Siede (links) und Isabel Luft

Das Gespräch führte Gudrun von Schoenebeck aus der VDR-Online-Redaktion

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