Zusammenarbeit Hand in Hand DREAM:TEAM – die Restauratorin, der Ingenieur und der Restaurator im Handwerk

In der Serie DREAM:TEAM stellen wir Restaurator:innen im öffentlichen Dienst vor, die mit Vertreter:innen einer anderen Berufsgruppe hervorragend zusammenarbeiten. Wir glauben, dass diese Beispiele nicht selten, aber auch nicht selbstverständlich sind. Unsere DREAM:TEAMS erzählen, warum ihre gemeinsame Arbeit so gut funktioniert, aber auch von Vorurteilen und unterschiedlichen Sichtweisen. 

Unser zweites DREAM:TEAM besteht aus der Restauratorin Ina Wohlfahrt-Sauermann, dem Ingenieur Martin Jentsch und dem Restaurator im Handwerk Bernd Formann. Sie arbeiten im Westfälischen Landesmuseum Zeche Zollern, das zum Verbund der acht LWL-Museen für Industriekultur gehört.

Ina Wohlfahrt-Sauermann, Martin Jentsch und Bernd Formann

Ina Wohlfahrt-Sauermann studierte an der FH Köln mit der Spezialisierung Objekte aus Holz und moderne Materialien. Sie war sechs Jahre lang freiberuflich mit eigener Werkstatt tätig, bevor sie zuerst ins Freilichtmuseum Hagen und vor knapp zwei Jahren zur Zeche Zollern wechselte, wo sie die Leitung der Holzrestaurierung und Ausstellungsproduktion übernahm.

Martin Jentsch ist studierter Maschinenbauingenieur mit Vertiefung im Bereich Kraftfahrzeugantriebstechnik. Seit zwei Jahren ist er Leitender Ingenieur im Referat Restaurierung und Technik des Museums.

Bernd Formann ist staatlich geprüfter Mechatronik-Techniker. Nach 12 Jahren im Maschinenbau wechselte er ins Museum Zeche Zollern als Mitarbeiter in der Werkstatt, machte einen weiteren Abschluss als Restaurator im Handwerk im Metallbau und Gestaltung und ist nun seit drei Jahren Werkstattleiter.

Wie lange besteht und wie intensiv ist die Zusammenarbeit?

Wohlfahrt-Sauermann: Wie oft und intensiv wir zusammenarbeiten wechselt immer mal wieder. Bei uns arbeiten 30 Mitarbeiter:innen im Referat und je nach Projekt werden die Akteure dann passend zusammengerufen. Insofern stehen wir hier auch stellvertretend für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. 

Formann: Die Zusammenarbeit besteht erst seit 1-2 Jahren, vorher habe ich mit den Vorgängern von Ina und Martin zusammengearbeitet, die aber fachlich aus anderen Richtungen kamen. Die Zusammenarbeit ist daher sehr intensiv, weil wir auch immer bemüht sind moderne Lösungsansätze an unseren Exponaten durchzuführen. Dazu muss man sich mit dem aktuellen Stand der Technik auskennen, aber auch mit den Grundsätzen der Restaurierung. Beides ist für unsere Arbeit wichtig. Da viele unserer Exponate noch in Betrieb sind und Betrieb mit Substanzerhalt nicht immer „Hand in Hand“ gehen, müssen natürlich alle Interessengruppen ihren Standpunkt vertreten können.

Welche Vorurteile mussten möglicherweise über den Beruf der Teampartner ausgeräumt werden?

Wohlfahrt-Sauermann: Als akademische Restauratorin sind mir verschiedene Vorurteile begegnet. Beispielsweise,  dass Restauratoren im Handwerk es mit der Ethik nicht so genau halten, keine Dokumentationen schreiben und eher nach rein handwerklichen Lösungen suchen. Damit verbunden sind die Eingriffe ins Objekt oftmals zu stark. Von Reversibilität ganz zu schweigen. Dass dies Vorurteile sind merkte ich während meiner Berufstätigkeit. Aktuell habe ich mir die Ausbildung der Restauratoren im Handwerk speziell an der Akademie Schloss Raesfeld genauer angeschaut und war durchaus angetan. Vor allem im Metallbereich könnte Raesfeld eine Lücke in der Ausbildung bezogen auf Technisches Kulturgut schließen.

Ein großes Problem ist aber nach wie vor der fehlende Berufstitelschutz. Dass sich jeder Restaurator nennen darf schadet allen, auch den Restauratoren im Handwerk.

Formann: Meine Erfahrungen, bevor ich wusste, wie Restaurator:innen arbeiten, gingen in Richtung Verwissenschaftlichung der Arbeit: Aus jeder kleinen Tätigkeit wird eine Wissenschaft gemacht und man versucht die Probleme am Schreibtisch zu lösen zwei Wochen bevor sie überhaupt dran sind. Auch während der Ausbildung an der Akademie in Raesfeld war das unter den Kolleg:innen ein großes Thema. Vor allem die individuelle Herangehensweise der Restaurator:innen an die Projekte lässt sich im Handwerk schwer „verkaufen“, denn sie ist aus Handwerkersicht unwirtschaftlich. Erst mit der Zeit lernt man die Denkweise der Restaurator:inen richtig kennen und schätzen.

Jentsch: Ich hatte keine Vorurteile, einfach weil mir die unterschiedlichen Ausbildungsmöglichkeiten kaum bewusst waren. Wenn man nicht aus der Branche kommt, fehlt einem die Vorstellung und das Verständnis von dem, was Restauratoren überhaupt leisten und dass hinter diesem Beruf ein ganzes Ausbildungssystem steckt. Ich persönlich kannte Restauratoren hauptsächlich aus dem Fahrzeugbereich, die aber eine besondere Klasse der Restaurierung abbilden.

Gab es auch mal Unverständnis oder Zusammenstöße?

Jentsch: Zusammenstöße würde ich nicht sagen, aber eine gewisse Unkenntnis meinerseits im Umgang mit der Restaurierung einer Malottenstrickmaschine. Malotten sind Hülsen aus Stroh, um Flaschen beim Transport zu schützen. Eine Malottenstrickmaschine ist eine spezielle Aparatur zur Herstellung dieser Hülsen. Eine solche überlieferte Maschine war in der Werkstatt von Bernd Formann restauriert und für Vorführzwecke überholt worden. Dafür wurden manche Teile erneuert und unterschieden sich deutlich von den Originalteilen. Ich habe mich sehr gewundert, warum man sich nicht die Mühe machte, diese neuen Teile optisch dem restlichen Erscheinungsbild anzupassen. Vor meiner Zeit im Referat und ohne Kenntnis über die Arbeit von Restauratoren dachte auch ich es hieße „Restauration“ und wäre das Trimmen von alten Fahrzeugen auf Hochglanz und einen besser als neuen Zustand. Dass man in der Restaurierung aber oft die historischen Spuren erhalten will und neue Teile als solche erkennbar bleiben, war mir überhaupt nicht bewusst. 

Wohlfahrt-Sauermann: Bei meiner Tätigkeit im Hagener Freilichtmuseum war es anfangs neu für mich, dass manchmal das Ziel der Vermittlung über dem der Bewahrung stehen kann. Wenn man sich im Museum für die Vorführbarkeit als Priorität entscheidet, muss dies sehr bewusst getan werden und alle Konsequenzen bedacht werden. Wie stark sind die Eingriffe, wie hoch ist der Verschleiß, gibt es Pflegepläne und eine Dokumentation? Dass alles muss bedacht werden und auch, dass ein solches Objekt dann nicht so lange erhalten werden kann. 

Inwieweit profitiert man voneinander in der Arbeit?

Jentsch: Es ist sehr hilfreich, dass wir verschiedene Sichtweisen haben. Wenn alle dieselbe Herangehensweise hätten, wäre das glaube ich hinderlich. Das gilt natürlich nicht nur für uns drei, sondern auch für die vielen unterschiedlich ausgebildeten Personen bei uns im Referat.

Wohlfahrt-Sauermann: Ich finde es großartig, dass Martin Jentsch kürzlich ein Restauratorenforum im Museum ins Leben gerufen hat, das regelmäßig stattfinden soll. Die Themen bestimmen die Mitarbeitenden, es geht um den Austausch von Gedanken, Ideen und Lösungsansätzen. Bislang haben wir uns einmal getroffen und es wurde lebhaft diskutiert.

Formann: Ich hatte früher oft das Gefühl, dass in der Restaurierung zu viel nachgedacht wird im Verhältnis zu dem, was dann an Arbeit getan werden muss. Dieses Denken ist mir dann aber zum Beispiel beim Thema Schadstoffe auf die Füße gefallen. Ich habe das sehr leichtfertig behandelt, auch weil ich es einfach nicht besser wusste. Von den Restauratorenkolleg:innen habe ich gelernt, wie wichtig es ist, sich vorab über die Schadstoffe in den Materialien zu informieren, sensibel für das Thema zu sein und sich das Ganze wissenschaftlich anzuschauen. Es geht nicht nur um das eigene Risiko, sondern als Werkstattleiter bin ich auch für Mitarbeitende verantwortlich. 

Was macht Sie zum Dreamteam?

Wohlfahrt-Sauermann: Wir haben ein super Arbeitsklima, begegnen uns auf Augenhöhe und besprechen die Projekte auch nach.

Jentsch: Die Motivation ist hier sehr hoch, jeder hat Lust auf die Arbeit. Und am Ende steht und fällt alles mit der Motivation. Selbst wenn eine Person noch nicht optimal ausgebildet ist, kann sie dies mit entsprechender Motivation bei uns nachholen und wird dabei durch den Arbeitgeber auch unterstützt.

Formann: Wir haben viele sehr komplexe Projekte, bei denen man alleine schnell überfordert wäre. Deshalb ist Teamarbeit so wichtig. Wir haben Leute, die an Lösungen, nicht an Problemen, arbeiten.

Das Gespräch führte Gudrun von Schoenebeck aus der VDR-Online-Redaktion

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