Fast nichts erregt die Gemüter zurzeit so sehr wie der geschlechterbewusste Sprachgebrauch. Daher möchte der VDR sich an dieser Stelle dazu äußern und seine Position darlegen. Dies vorab: Der VDR hält das Gendern für richtig und relevant.
Weil der Duden seit 1995 keine offizielle Autorität mehr ist und nicht mehr vorschreibt, was richtige Grammatik und richtige Rechtschreibung ist, haben wir die Qual der Wahl. Nicht selten schlägt der Duden mehrere Schreibweisen vor. Der Terminus „das Prozedere“ erscheint im Duden in zwei Varianten: „Das Prozedere“ und „Das Procedere“. Beides – ob mit c oder z – ist richtig. Empfohlen wird „Das Prozedere“.
Daher also hier das Prozedere des VDR in Bezug auf den geschlechterbewussten Sprachgebrauch:
Auch beim Gendern gibt der Duden mehrere Möglichkeiten als richtig an. Der VDR hat sich für die Doppelpunktvariante entschieden: Unser Berufsverband vertritt Restaurator:innen. Damit engagieren wir uns nicht nur für Männer und Frauen, sondern sichtbar aufgrund des Gender Gaps (Geschlechterlücke) – hier der Doppelpunkt – auch für all diejenigen, die sich nicht in eine binäre Geschlechteraufteilung einordnen lassen möchten oder können.
Obwohl die Nutzung des Doppelpunkts sich schnell verbreitet hat und fast in allen Druckerzeugnissen und Online-Publikationen dominiert, gibt es Nachteile. Der Doppelpunkt als Sonderzeichen lässt sich nicht in Hashtags einfügen. Auf Twitter und Instagram vertreten wir dann leider wieder #Restauratorinnen und #Restauratoren. Möglicherweise gibt es dafür bald eine technische Lösung.
Weil die Sprache zusammen mit der sich digitalisierenden Gesellschaft ständig im Wandel ist, können wir heute nicht absehen, wie wir in zwei Jahren richtig gendern werden. Und das wird sehr wahrscheinlich auch niemand normativ vorgeben. Selbst die Dudengesellschaft erlaubt es, aus dem Atlas im Plural Atlasse oder Atlanten zu machen. Und man darf genauso wegen des starken Regens zu Hause bleiben wie wegen dem starken Regen. Wie bei den Geschlechtern wird – im Moment – auch bei der Rechtschreibung und Grammatik auf Vielfalt und Wahlfreiheit gesetzt. Daher treffen wir als VDR eine Auswahl unter einer der vielen Möglichkeiten und bitten auch alle Gremien darum, beim Gendern die Doppelpunktvariante in ihren Schriftstücken zu verwenden.
Und ein letzter Punkt in eigener Sache: Wir können – ohne einen enormen Aufwand zu treiben – unsere Website, auf der sich je nach Entstehungszeit der Texte verschiedene Genderformen wiederfinden, nicht der jeweils meistverwendeten Schreibweise angleichen. Bitte sehen Sie jede Form als lebendigen Teil der Sprachentwicklung an. Seit dem Relaunch unserer Website 2014 gab es diverse Entwicklungen. Im Newsletter oder auf Plakaten, Flyern und in anderen einmal erstellten und nicht veränderbaren Veröffentlichungen bemühen wir uns jedoch sehr darum, einheitlich zu sein. Falls wir dies nicht immer schaffen, dürfen Sie gerne auf uns zukommen. Aber selbst hier können wir Ihnen nicht versprechen, zu 100 Prozent einheitlich zu sein. Denn sobald zum Beispiel ein Gender-Sternchen in einem Eigennamen einer Institution auftaucht, müssen wir das exakt so übernehmen.
Dr. Christiane Schillig
VDR-Geschäftsführerin
Sehr geehrte Frau Dr. Schillig,
als Frauenbeauftragte der HfBK Dresden begrüße ich Ihre Initiative des genderbewußten Sprachgebrauchs in Ihren Printmedien und auf der Website.
Die Schwierigkeiten an einer Institution eine einheitliche Regelung einzurichten sind mir aus meiner Tätigkeit als Frauenbeauftragte bewußt und finde es daher sehr wichtig positive Beispiele für meine Argumentation anführen zu können.
Vielen Dank dafür!
Mit freundlichen Grüßen,
Dipl. Rest. Monika Kammer
Sehr geehrte Frau Dr. Schilling,
ich bin keineswegs einverstanden, dass der VdR unsere gemeinsame Sprache durch „Gendern“ entstellt!
In unserem Verband befasst sich die überwiegende Mehrheit der Mitglieder mit der verantwortungsvollen Erhaltung von Kulturgut.
Ich zähle dazu auch die deutsche Sprache. Sie sollte klar und präzise, gut lesbar und verständlich, wortreich, in sich schlüssig und schön sein! Jeder trägt nach seinem Vermögen daran einen Anteil und sollte keinesfalls bewußt an ihrer Beeinträchtigung arbeiten, so wie auch kein Kulturobjekt durch uns nur nach persönlicher Ansicht, oder herrschender Ideologie bearbeitet oder verändert werden sollte. „Gendern“ widerspricht so auch unserer beruflichen kulturellen Aufgabe!
Meiner Meinung nach sollten Worte, die sich nicht für Poesie eignen, generell möglichst nicht verwendet werden! Bitte verbannen Sie diese kopfgeborenen Gender-Wortungetüme mit Doppelpunkt, Sternchen, usw. aus unserem gemeinsamen Wortschatz! Es ist eine Zumutung!
Ich lehne die damit verbundene bewußte Sexualisierung aller Textinhalte, die zerstörte Lesbarkeit, die kaum vermittelbare Bedeutung für ausländische Mitbürger und insbesondere die durchschaubare ideologische Absicht mit ihrer gesellschaftlichen Spaltungswirkung, auch und insbesondere aus den Spracherfahrungen unter der DDR- Diktatur ab.
Ich möchte nachstehend in einem Link zu einem lesenswerten Aufsatz des Sprachwissenschaftlers Paul Pfeffer verweisen, in dem verknappt und gut zusammengefasst und begründet ist, was auch ich meine und was ihnen u.U. bei Ihrem Vorhaben bisher so nicht bewußt war:
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwiPvKWU1uLxAhXBhv0HHfAxC3gQFnoECAIQAA&url=https%3A%2F%2Fvds-ev.de%2Fwp-content%2Fuploads%2F2020%2F11%2Fag_gender-richtig_kritisieren.pdf&usg=AOvVaw3KMaN_F0Iip1AEyWTHDfT0
Ebenfalls erlauben Sie mir, Ihnen abschließend seine, dieses Thema sehr bezeichnenden und aktuellen Fragen an die Dudenredaktion teilweise mit anzuhängen:
(aus : Leserbriefe an die FAZ, 1.2. 21)
…..“Weshalb haben sie sich (eventuell wider besseres Wissen) dem moralischen und politischen Druck der Sprachaktivisten gebeugt? Gibt es in ihrem Kreis niemanden, der die Funktion des generischen Maskulinums als unmarkierte sexusneutrale Sammelform im Sprachsystem erklären kann? Warum unterstützen sie eine Modeideologie, die sich bei näherer Betrachtung als undurchdachter Aktivismus am falschen Objekt entpuppt und in der praktischen Wirkung dem erklärten Anliegen, mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen, zuwiderläuft? Sehen sie nicht, dass beim Gendern eine feministische Agenda über ein gewachsenes und funktionierendes Sprachsystem gestellt wird und dass hier begründeter Ideologieverdacht besteht? Ist ihnen nicht klar, dass es sich beim Gendern um eine akademische Blüte handelt, die mit dem Sprachgebrauch der meisten Menschen nichts zu tun hat? Sehen sie nicht, dass eine Sprachpolitik von oben den natürlichen Sprachwandel manipuliert und verfälscht? Sehen sie nicht die Gefahr, dass das Gendern die Sprachgemeinschaft spaltet in solche, die sich als Avantgarde und als die „Guten“ fühlen, weil sie gendern, und auf den Rest herabschauen, weil sie sich verweigern? Sehen sie darüber hinaus nicht die Gefahr, dass das Gendern zum sozialen Distinktionsmerkmal wird? Registrieren sie nicht, dass trotz jahrelanger Propaganda eine überwiegende Mehrheit der Sprecherinnen und Sprecher des Deutschen das Gendern ablehnt?
Es ist mir ein Rätsel, wie eine immerhin maßgebende und mit Autorität ausgestattete Institution wie der Duden unter dem Druck von Sprachaktivisten einknicken kann, die wenig Ahnung von Sprache haben, sich aber dafür die moralische Oberhoheit und die Diskursmacht anmaßen. Ich möchte wirklich, dass sie auf die oben gestellten Fragen mit Argumenten antworten und nicht – wie es üblich geworden ist – mit arrogantem Schweigen oder Glaubensbekenntnissen“…..
Es ist wichtiger, die Integration aller Menschen in der unmittelbaren Wirklichkeit eines jeden Verbandsmitgliedes aktiv zu leben, als sich in irgendeiner Form vor ideologische Karren spannen zu lassen, auch wenn dies der Zeitgeist gerade fordert.
Die Sprache wird sich über ihren Gebrauch weiterentwickeln und nicht durch verordnete Sprach- oder Schreibregelungen. Die aktuellen Formen der deutschen Sprache reichen bereits aus, um hinreichend zu differenzieren und Sichtbarkeit der Geschlechter zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
—
Olaf Ehrhardt
Liebe Frau Dr. Schilling,
Ihre Bemühungen in diese Richtung sind bereits gut sichtbar und es ist schön, Ihr Statement dazu zu lesen. Ob nun Sternchen, Doppelpunkt oder Underscore: die Sichtbarmachung verschiedener Geschlechter und explizite Inkludierung nicht-binärer Menschen ist wichtig.
Und wie Herr Ehrhardt schreibt, wird sich die Sprache über ihren Gebraucht weiterentwickeln – den nachfolgenden Generationen wird es leichter fallen bzw. selbstverständlich erscheinen, eine inklusive Sprache zu verwenden und dazu tragen auch Entscheidungen wie diese bei.
Der stehende Begriff „des Restaurators“ ist in unserer Gemeinschaft auffällig und wird – obwohl der Beruf seit der 2. Hälfte des 20. Jh. zunehmend und dann überwiegend von Frauen praktiziert wird – immer noch gerne verwendet. Vielleicht ließe sich in diesem Zusammenhang mittelfristig auch darüber nachdenken, den Domain-Namen des VDR anzupassen.
Mit Dank und freundlichen Grüßen
Tilly Laaser