Interview mit Prof. Dr. Eckart Köhne im Restauratoren Handbuch – ein Kommentar Museums-Restaurator:innen als Spielverderber?

Das Interview im Restauratorenhandbuch 2021/22 (S. 8-12) mit Prof. Dr. Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbundes (DMB), sorgte in der Restauratorenschaft für Wirbel. Prof. Köhne sprach über die finanziellen Einbußen, die Museen durch die Corona-Krise hinnehmen müssen und stellte Überlegungen darüber an, wo Einsparpotenziale möglich seien.

Sehr richtig führte er aus, dass die bau- und raumklimatischen Voraussetzungen vieler Museumsgebäude für die sachgerechte Aufbewahrung und Präsentation von Kunst und Kulturgut denkbar schlecht sind. Die oft unzureichende Isolierung wie auch allgemeiner Sanierungsstau bedeuten, dass nur mit einem hohen energetischen Aufwand ein für Objekte günstiges – d. h. möglichst schwankungsarmes –  Klima erreicht und gehalten werden kann. Dies trifft oft sowohl auf die Ausstellungsgebäude selbst als auch auf Depots zu. Die Konsequenzen, die Prof. Köhne zieht und die möglichen Einsparpotenziale, die er sieht, sind allerdings weniger verständlich.

Prof. Köhne: „Man muss die Museen so ertüchtigen, dass es vertretbare konservatorische Rahmenbedingungen gibt, die dann aber möglicherweise nicht bis aufs Zehntel Komma den Wünschen der Restauratoren entsprechen können.“

Prof. Köhne sieht sich durch zu rigide Klimavorgaben von Restaurator:innen gegängelt und beschwert sich, „nicht bis aufs Zehntel Komma den [deren] Wünschen (…) entsprechen [zu] können. Restaurator:innen an Museen sollten Ermöglicher sein, die Kompromisse suchen und akzeptieren.“ Das hört sich so an, als bestünden Restaurator:innen um ihrer selbst willen auf der Einhaltung von völlig überzogenen, aus der Luft gegriffenen Werten. Es ist jedoch unsere Pflicht, in unserem Beruf als Anwält:innen der Objekte aufzutreten und deren Erhaltung zu gewährleisten, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Dabei geht es sicher nicht um Zehntel hinter dem Komma, aber die konservatorisch günstigen Werte sind nun mal nicht verhandelbar. Wir müssen darauf hinweisen, welche Bedingungen optimal für die Erhaltung der Objekte sind. Mit welchem Aufwand diese Werte tatsächlich eingehalten werden können und in welchem Maße man diesen Aufwand betreibt, das entscheidet schließlich die Direktion, die auch letztendlich die Verantwortung für den Museumsbestand trägt. Restaurator:innen sollten bei der Entscheidungsfindung beratend zur Seite stehen und auf mögliche Konsequenzen hinweisen. Prof. Köhne sagt hierzu: „Ich hoffe, dass die Restaurator:innen mit ihrer wissenschaftlichen Kompetenz viel zu Lösungen beitragen werden, die praktikabel und umsetzbar sind.“

Prof. Köhne: „Es wird eine Differenzierung zwischen wissenschaftlichen Restaurator:innen und restauratorischen Assistent:innen geben.“

Andererseits stellt er die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Kompetenz im Museum im nächsten Absatz in Frage: „[…] Deshalb wird es eine Differenzierung geben zwischen wissenschaftlichen Restaurator:innen und solchen, die als restauratorische Assistent:innen arbeiten. […] Denkbar ist auch, dass wissenschaftliche Restaurierungen künftig verstärkt nach außen an selbständige Restaurator:innen vergeben werden.“ Prof. Köhne fordert also einerseits wissenschaftliche Kompetenz zur Lösungsfindung in Klimatisierungsfragen, andererseits sollen schwierige Restaurierungen outgesourct werden, damit sich Museen gut ausgebildete Restaurator:innen sparen können?! Das wird nicht funktionieren. Gerade Museen, deren Stellen immer weiter gestrichen werden, sollten darauf achten, möglichst hoch qualifizierte Restaurator:innen einzustellen, die sowohl in der präventiven Konservierung bewandert sind, als auch hoch komplexe Objekte bearbeiten können. Ebenfalls müssen sie in der Lage sein, Objekte, die nicht in ihrem Fachgebiet liegen, beurteilen zu können (z. B. für Leihanfragen) und im Schadensfall eine:n geeignete:n Restaurator:in dafür finden.

Es ist zu bezweifeln, dass Prof. Köhne als Präsident des DMB mit seinen Äußerungen die Interessen der Restaurator:innen unter den Mitgliedern vertritt. Er sollte sich mehr dafür einsetzen, dass die immer weniger werdenden Stellen an den Museen mit möglichst gut ausgebildeten Leuten besetzt werden, denn wenn das anvertraute Kulturgut durch unsachgemäße Handhabung oder Lagerung Schaden nimmt, haben Museen einen ihrer Hauptzwecke verfehlt.

Gisela Gulbins
VDR-Vizepräsidentin

3 Comments

  1. Veröffentlich von Sebastian Köhler am 16. Februar 2022 um 18:56

    Das Klimawerte nicht verhandelbar sind, ist so wie ich das verstehe nicht ganz richtig. Abgesehen von den in jedem Facility Report niedergeschriebenen internationalen Übereinkünften zu den Klimawerten gibt doch schon seit Jahren eine kontroverse Diskussion über die Frage, ob die Linearität von Klimagraphiken in Museen tatsächlich sinnvoll, und ob der damit verbundene Energieaufwand in Zeiten des Klimawandels überhaupt zeitgemäß ist, auch wenn er im Namen der Kunst stattfindet. Tatsächlich wäre die allgemeine Verständigung auf erweiterte, aber verlässlich kontrollierte Wertebereiche vielleicht doch eine Überlegung wert, aber nicht als Einsparmaßnahme, um die zukünftigen MuseumsEvents nach Corona doch noch finanzieren zu können, sondern als Statement für eine moderne und klimaschonende Museumskonzeption. Köhne scheint in der Problematik teilweise eine von Restaurator*innen erfundene Schikane zu erkennen. Ich glaube, es ist besonders der internationale Leihverkehr, die Ausleihen der Museen und Institutionen untereinander, der zu der Verschärfung von Klimavorgaben und Auflagen beigetragen hat, letztendlich weil sich das konservatorische Risiko für die Kunst auf Reisen erhöht.

  2. Veröffentlich von Christine Machate am 23. Februar 2022 um 16:00

    Ich habe für Prof. Köhne einen anderen Sparvorschlag. Statt über Klimawerte zu verhandeln, sollte er lieber einen qualifizierten Haustechniker anstellen, der es schafft, durch die Pflege und Überwachung der Klimageräte und sonstige Maßnahmen, das geeignete Klima konstant aufrecht zu erhalten. Und wenn er sich keine festangestellten Restauratoren leisten kann, dann empfehle ich das Modell „Domschatz Halberstadt“. Hier arbeiten 7 freiberufliche RestauratorInnen der verschiedenen Fachbereiche auf Basis eines fortdauernden Pflegevertrages. Jede/r hat entsprechend des Umfanges an materialspezifischen Objekten ein jährliches Stundenkontingent zur Verfügung. Regelmäßig finden gemeinsame Beratungen mit den MuseumsmitarbeiterInnen und untereinander statt. Das funktioniert seit Jahren hervorragend. Zum Einen steht so für jede Materialgruppe ein Fachmann zur Verfügung und bei Objekten aus mehreren Materialien finden entsprechend fachübergreifende Abstimmungen statt. Zum anderen lernen wir dadurch auch untereinander sehr viel und da wir ansonsten freiberuflich viele verschiedenen Probleme in anderen Institutionen und an anderen Objekten meistern müssen, bringen wir auch einen sich stetig erweiternden Erfahrungsschatz ein.
    So könnten auch andere Museen sich Fachrestauratoren leisten, ohne einen einzelnen anstellen zu müssen, der dann „Mädchen“ für alles sein muss.

  3. Veröffentlich von Eckart Köhne am 25. Februar 2022 um 13:23

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    für das Feedback zum Interview im Restauratoren-Handbuch danke ich Ihnen. Erlauben Sie mir, zum Blog und zu den Reaktionen darauf kurz zu antworten.

    Das Thema Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren bestimmend für die Museumsentwicklung sein. Beispielsweise sollen nach den Vorgaben der Politik in Baden-Württemberg bis 2030 alle staatlichen Institutionen klimaneutral sein, auch die staatlichen Museen. Dies wird ein Umdenken beim Betrieb der Museen, ihrer technischen Ausstattung und beim Energieeinsatz zwingend notwendig machen. Vor diesem Hintergrund habe ich über das Thema Klimatisierung gesprochen. Hier müssen wir neue Wege finden, um die Klimaziele zu erreichen. Erst zwei Antworten später fällt der Begriff der Energiekosten, leider nicht ganz logisch verknüpft mit der Energiebilanz. Deutlicher wäre es gewesen, die Notwendigkeit einer Reduzierung des Energieeinsatzes auf dem Weg zur co2-Neutralität zu verbinden mit der Überlegung, dabei vielleicht auch Einsparungen bei den Energiekosten zu erreichen. Ansonsten spielt das Thema Einsparungen nun wirklich keine Rolle in diesem Interview, anders, als es der Blog suggeriert.

    Das gilt auch für den letzten Abschnitt, in dem es um die faire Bezahlung restauratorischer Arbeit geht. Offensichtlich hat der Begriff „restauratorische Assistent:innen“ hier zusätzlich für Unverständnis gesorgt. Dieser Begriff ist nicht negativ gemeint, ich habe dabei wohl an die universitären Assistent:innen gedacht, die in Zeiten meines eigenen Studiums als promovierte Wissenschaftler:innen an den Universitäten angestellt waren und sich während der Assistenz habilitierten. Was ich ausdrücken wollte: das neue Tarifrecht – das ich ausdrücklich positiv bewerte, auch im Interview – differenziert die restauratorische Arbeit nach ihrem jeweiligen Anspruch in eine Vielzahl von Eingruppierungen, je nach Ausbildung und vor allem nach ausgeübter Tätigkeit. Auch wenn alle diese Berufsbilder von Restauratoren ausgefüllt werden – ein hierarchisches Gefälle entsteht auf diese Weise doch. Hier gibt es viele neue Regelungen und auch Klarstellungen, auf die die Museen regieren können und müssen, auch in Hinblick auf ihr vorhandenes und hoffentlich stabiles oder wachsendes Budget.

    Bereits seit vielen Jahren können es sich die wenigsten Museen leisten, alle relevanten Bereiche mit eigenem (wissenschaftlich ausgebildeten) Personal zu besetzen. Auch heute schon ist Outsourcing daher weit verbreitet und grundsätzlich positiv zu sehen, da auf diese Weise für eine bestimmte Aufgabe die genau passende Expertise eingesetzt werden kann. Das von Frau Machate genannte Beispiel ist ein sehr gutes und nachahmenswertes.

    Mit freundlichen Grüßen
    Eckart Köhne

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