Die neue Prüfungsordnung RiH und die Folgen für das Restaurierungswesen Ist das noch Handwerk?

Am 17. Dezember 2019 wurde die neue Prüfungsverordnung zum Restaurator im Handwerk (RiH) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der Zentralverband des deutschen Handwerks bewirbt die neue Prüfungsverordnung als bundesweite Vereinheitlichung der bisher 300 unterschiedlichen Regelungen der Handwerkskammern, wie sie seit den 1980er Jahren in Kraft waren. Tatsächlich geht die Prüfungsverordnung jedoch weit über das hinaus, was bisher Inhalt der auf den Meister aufsattelnden Weiterbildung RiH war. Paradoxerweise ist die Prüfungsverordnung nicht nur für die an Hochschulen qualifizierten wissenschaftlichen Restauratoren ein Problem, sondern schlechterdings geeignet, die Fortbildung zum Restaurator im Handwerk nachhaltig zu schädigen oder gar zu schleifen.

„Bachelor Professional“ und „Master Professional“

Die Veröffentlichung der neuen Prüfungsverordnung RiH ging der Erneuerung des Berufsbildungsgesetzes BBiG voraus, welches im Mai 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Dieses vom Bildungsministerium BMBF und dem Wirtschaftsministerium BMWi erarbeitete Gesetz zielt auf die Schaffung der neuen beruflichen Bezeichnungen „Bachelor Professional“ für den Meister bzw. „Master Professional“ für die dritte Fortbildungsstufe im Handwerk in Verbund mit der Einstufung im Deutschen Qualifizierungsrahmen (DQR) auf der Stufe 6 für den Meister (Bachelor Prof.) bzw. DQR 7 (Master Prof.) für die dritte Fortbildungsstufe. Hintergrund für die Erneuerung der beruflichen Bildung ist der anhaltende Nachwuchsmangel im Handwerk. Mit dem neuen BBiG erhofft man sich eine Anerkennung der Gleichwertigkeit mit akademischen Abschlüssen und damit eine Steigerung der Attraktivität des Handwerks für junge Auszubildende.

Gleichartigkeit behaupten

Inwiefern betrifft das uns Restauratoren? Der Zentralverband des Handwerks (ZDH) argumentiert, es gebe in Deutschland und Europa einen milliardenschweren Denkmalmarkt, der dem Handwerk verschlossen bleibe, weil ihm die Anerkennung der Gleichwertigkeit mit der wissenschaftlichen Ausbildung der Restauratoren fehle und eben die Restauratoren sozusagen alle Aufträge abgriffen. Die Prüfungsverordnung könnte als Testballon für die Umsetzung des BBiG im Sinne des ZDH verstanden werden, dem ein Angriff auf den Ingenieur und die Architekten folgen kann. Inhaltlich ist sie darauf angelegt, durch das Ausgreifen in das Feld der wissenschaftlichen Restaurierung die Einstufung der Fortbildung auf dem Niveau DQR 7 zu rechtfertigen, über die Gleichwertigkeit hinaus also eine Gleichartigkeit mit dem Restauratorenberuf zu behaupten. Aktuell wird die Prüfungsverordnung überarbeitet, um sie an das neue BBiG anzupassen und die Berufsbezeichnung „Master Professional“ anstatt „geprüfter Restaurator im Handwerk“ durchzusetzen.

Ausweitung der Kompetenzen

Das an der Formulierung der Prüfungsverordnung auf Seiten des BMWi beteiligte Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB) hat weder den Bundesverband der Freien Berufe e.V. (der uns in dieser Sache sehr zur Seite steht) noch den VDR hinreichend informiert oder einbezogen, so dass wir uns mit Tatsachen konfrontiert sehen: In der aktuellen Überarbeitung der Prüfungsverordnung stehen zwar die Einstufung im DQR-Rahmen und die Berufsbezeichnung Bachelor/Master Professional zu Debatte, nicht aber die inhaltliche Ausweitung der Kompetenzen, die das Handwerk sich zuschreiben möchte: In § 5 wird die Berufsbezeichnung „Restaurator“ ohne Zusatz dem Handwerk zugeschrieben, der Handlungsbereich § 6 heißt gleich mal „Methoden zum Erhalt, zur Restaurierung und Konservierung von Kulturerbe anwenden und weiterentwickeln“, in § 8 werden „Erhaltungs-​, Restaurierungs- und Konservierungskonzepte“ entwickelt, es sollen Gutachten erstellt, dokumentiert und publiziert werden, wissenschaftliche Methoden angewendet und Konservierungsmethoden weiterentwickelt werden können.

Wie es im Handwerk üblich ist, gibt es keine einheitliche Fortbildungsordnung, da die Umsetzung der Lehrinhalte komplett den Handwerkskammern und Fortbildungszentren des Handwerks überlassen wird. In der ursprünglichen Version der Prüfungsverordnung gab es keinerlei Angaben über den zeitlichen Umfang der Fortbildung. Im aktuellen Entwurf wird der Umfang mit 600 Stunden theoretischen Lernens konkretisiert – insgesamt hätte die Fortbildung einen Umfang von 1600 Stunden. Auch diese Konkretisierung soll der Untermauerung des Anspruches auf den DQR 7 dienen.

Hochschulen widersprechen

Der VDR hat in den vergangenen Wochen die Hochschulen auf diese bedrohliche Entwicklung aufmerksam gemacht. Es ist offensichtlich, dass der zeitliche Umfang von 600 Stunden theoretischen Lernens nur ein Bruchteil eines Masterstudiums ist. Ebenso offensichtlich ist, dass die proklamierten Qualifikationen in der neuen Prüfungsverordnung statt nur einer Fortbildung im Handwerk eine hochschulische Bildung unerlässlich machen. Die Hochschulen werden ihren Widerspruch schriftlich geltend machen. Auch der VDR bereitet eine ausführliche Stellungnahme vor, die den Gremien zugehen wird.


Wir begrüßen die Möglichkeiten des lebenslangen Lernens, auch im Handwerk. In den kommenden Jahren wird der Bedarf an Handwerkern zunehmen, die ein grundlegendes Verständnis und Können in traditionellen Handwerkstechniken aufweisen. Eine in diese Richtung weisende Fortsetzung der Fortbildung zum RiH unterstützen wir, obwohl angezweifelt werden muss, ob jede Fortbildung auch gleich eine Aufwertung im DQR bedeuten muss. Zu befürchten ist jedoch, dass eine nahezu grenzenlose Ausweitung der Ausbildungsinhalte in der neuen Prüfungsverordnung z.B. in den musealen und den wissenschaftlichen Bereich den Teilnehmerzahlen an den Fortbildungen zum RiH schaden wird. Schon jetzt sinken die Teilnehmerzahlen von Jahr zu Jahr, einige Fortbildungszentren mussten bereits schließen. Die Fortbildungsstätten im Handwerk und sicherlich auch die Handwerkskammern sind sich der Problematik bewusst: Eine Zunahme der erforderlichen Stundenzahl und damit verbundene höhere Kosten werden nicht zu einer höheren Attraktivität der Fortbildung führen. Ebenso sind die Handwerkskammern und Fortbildungszentren nicht dazu aufgestellt und zumindest teilweise auch nicht Willens, die ausgeweiteten Qualifizierungen real anzubieten – so dass z.B. die Handwerkskammer in Berlin damit wirbt, noch ein letztes Mal nach alter Prüfungsverordnung zu qualifizieren. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass die neue Prüfungsverordnung zu einem Sargnagel für die Zukunft der RiH wird – „Master Professional“ hin oder DQR 7 her.

Gemeinsame Strategie

Auch wenn wir und andere Institutionen uns dafür einsetzen, dass die neuen Bezeichnungen nicht durchgesetzt werden und der DQR 7 weiterhin vor allem durch eine Hochschulbildung zu erlangen ist, nähren die Kräfteverhältnisse den Verdacht, dass alles so kommen wird, wie der ZDH das möchte. Wenn dem so ist, müssen sowohl die wissenschaftlichen Restauratoren gemeinsam mit den Hochschulen und den in die Fortbildung involvierten Bildungszentren, Handwerkskammern und den RiH eine berufspolitische Strategie entwickeln, um sowohl trotz aller Widrigkeiten die Qualifizierung von Handwerkern zu erhalten, die Unterscheidbarkeit der „Gattungen“ des handwerklichen und des wissenschaftlichen Restaurators zu garantieren und die Hochschulbildung zu erhalten und zu verbessern sowie die Qualität der Ausbildung der RiH im Interesse des Kulturerbes beizubehalten. Dafür gibt es bei allen konkret Beteiligten großes Interesse an einem Dialog. Der ZDH zählt in diesem Kontext leider nicht zu den Beteiligten.

Ob man sich in den zuständigen Abteilungen über die Zerstörungskraft bewusst ist oder ob man den potenziellen Kahlschlag einkalkuliert, kann nur spekulativ beantwortet werden. Nicht spekulativ können wir aber die Ausgangsfrage beantworten: Nein, das ist kein Handwerk mehr.


Ihr Paul Grasse

(Foto: pixabay, Gerhard G.)

10 Comments

  1. Veröffentlich von Stefan Muck am 7. September 2020 um 17:11

    Ehrlich gesagt, halte ich es für eine in sich schlüssige und konsequente Politik des Handwerks, wenn versucht wird, das Ausbildungs- und Fortbildungspotential für das Handwerk zu weiten und bestehende Deckelungen zu durchbrechen, um damit den Berufstätigen im Handwerk mehr attraktive Perspektiven zu geben. Das sich die Restaurator*innen dadurch angegriffen fühlen, hat auch damit zu tun, dass sie sich versuchen einzumauern. Immer eine schlechte Verteidigungsstrategie.
    Das Handwerk wird in Zukunft in der Denkmalpflege eine größere Rolle spielen. Das merkt man in zunehmendem Maße an den öffentlichen Aussschreibungen, zu welchen sich auch Handwerksbetriebe mit Referenzen qualifizieren. Hier auf formaler Ebene Mauern bauen zu wollen, ist hoffnungslos, ja teilweise sogar rechtswidrig. So finden sich im Teilnehmerwettbewerb für Ausschreibungen Qualifizierungsmerkmale wie dieserart als Standard: „Diplom/Master oder 6-jährige praktische Erfahrung in Betrieben mit schwerpunktmäßiger denkmalpflegerischer oder musealer Ausrichtung.“ Solche Formulierungen wurden bereits durch Eingriff der VOB-Stelle nach erfolgter Rüge gestrichen, weil hier eine Diskriminierung von Bietern vorliegt. Dennoch wird eisern daran festgehalten. In diesem Fall werden erstens Abschlüsse wie der Bachelor (erster berufsqualifizierender Abschluss einer Hochschule) und der staatlich geprüfte Restaurator, beides anerkannte Abschlüsse, ausgeklammert, zweitens werden sechs Jahre praktische Erfahrungen (keine Abschlüsse) in bestimmten Betrieben, wie immer sich das genau definieren soll, als gleichwertig zum Master-/Diplom- Abschluss ausgewiesen, andere Abschlüsse aber nicht. Was ist mit denjenigen, die nur 5,5 Jahre oder 5 Jahre oder 4,5 Jahre vorweisen können? Mit welcher Begründung werden diese ausgeschlossen? Pure Willkür kann ich da nur sagen. Das ganze Feld hilfloser Versuche bestimmte Gruppen aus Ausschreibungen auszugrenzen ist einfach nur peinlich. Natürlich zielt das auch gegen das Handwerk.
    Beschränkte Ausschreibungen nehmen in dieser Hinsicht nochmal eine spezielle Rolle ein, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte.
    Dazu kommen unsäglich schlechte Ausschreibungstexte, die zumeist von Restaurator*innen verfasst wurden. Alles wild zusammengefasst, alles zu Pauschalpreisen, vergaberechtswidrig von vorne bis hinten, Ausschreibungen die das Papier nicht wert sind auf dem sie geschrieben stehen. Da fragt man sich, durch welche unsichtbare Hand immer wieder solche Kolleg*innen – so sympathisch sie auch im persönlichen sein mögen – in solche Aufgaben hineinempfohlen werden. Alle Restaurator*innen, die an öffentlichen und beschränkten Ausschreibungen teilnehmen, wissen natürlich, wie dieses System funktioniert. Hier herrscht sicher kein Erklärungsbedarf, aber es herrscht hier ein dringender Qualifizierungsbedarf.
    Was ich sagen will ist dies, dass Restaurator*innen ihr Schicksal selbst in der Hand haben, indem sie die Qualität von Ausschreibungstexten deutlich verbessern, so dass klare Aussagen mit Mengenangaben und Beschreibungen des Schwierigkeitsgrades für eine sichere und klare Kalkulation der Positionen möglich sind. Es darf kein Blindflug mehr sein, in den sich jeder Abenteurer hineinstürzt, sondern Texte mit klar umrissener Zielsetzung und Qualitätsanforderung (bitte keine Phrasen mehr). Das macht viel Arbeit und wurde über Jahrzehnte versäumt, weil man sich unter seines Gleichen wähnte, wo sich jede genauere Beschreibung erübrigt. Jede/r weiß ja intuitiv wie es gemeint ist. Das rächt sich nun und wir laufen den Notwendigkeiten hinterher.
    Für jeden Bieter muss ersichtlich sein, in sehr konkreter Weise, ob er den Anforderungen gewachsen ist (bis hin zur Dokumentation – verweise auf Richtlinien der Denkmalämter sind hier am Ziel vorbei) und eine Bauleitung muss über das LV ein Instrument in die Hand bekommen, das sie in die Lage versetzt, die sachgerechte Ausführung bewerten zu können. Hierzu noch folgende Anmerkung: Restaurator*innen des Landesdenkmalamtes sind kein Ersatz für eine Bauleitung. Sie überwachen den Vollzug des Denkmalgesetzes. Die dazu notwendigen Zielvorgaben müssen eindeutig im LV erkennbar sein, so dass jede/r Ausführende weiß, was sie/ihn erwartet.
    Ein anderes Feld sind die Stundensätze, mit denen sich diese Berufsgruppe selbst stranguliert. Man vergleiche einmal die Angebote von erfahrenen Handwerksbetrieben in den Niederschriften der Ausschreibung mit dem niedrigsten Angebot (in der Regel ein Restaurator), dann sollte einem dämmern in welchen weltfremden Regionen wir uns bewegen.
    Wir können uns in jeder Hinsicht nur qualitativ abgrenzen und im Anspruch an das, was wir Restaurierung und Konservierung nennen. Dies muss bis ins Detail in der schriftlichen Form deutlich werden. Dieser Anspruch wird zwar noch in der Praxis durch den Idealismus getragen, führt aber durch die genannten selbst kreierten Rahmenbedingungen zu einem Beruf, der mehr an Lebenskünstler erinnert als an den Lebensstandard eines hochqualifizierten Abschlusses.
    Es wird in Ausschreibungen Maßnahmen geben, die auch ein Restaurator im Handwerk problemlos durchführen kann, teilweise weite Teile einer Ausschreibung (Restaurierung ist keine Hexerei) und es wird Maßnahmen geben, die eine/n Restaurator*in im Handwerk überfordern und Maßnahmen, die eine/n akademische/n Restaurator*in überfordern, weil hier die Erfahrungen fehlen. Gute Leute gibt es überall. Und man bedenke, dass es schon längst gute Handwerker*innen gibt, die hier tätig sind. Unternehmen die diverse Qualifikationen unter ihren Mitarbeiter*innen haben. Wollen wir also gute Denkmalpflege oder wollen wir ein Biotop für Akademiker*innen? Daran müssen sich doch die Maßnahmen orientieren.
    Daher ist Präzision schon in der Aufgabenbeschreibung und klar verständliche Qualitätsansprüche unabdingbar. Hier können wir noch viel genauer, unmissverständlicher und vor allem fairer für alle werden.

    • Veröffentlich von Dirk Sturmfels am 9. September 2020 um 12:49

      Sehr geehrter Herr Muck,

      Ihre Stellungnahme in diesem Blog geht am Thema vorbei. Die von Ihnen geschilderten Ausschreibungspraktiken haben nichts mit den im Blog von Herrn Grasse geschilderten Sachverhalten zu tun.
      Wir sollten jedoch gerne Ihre Thesen zu den Ausschreibungspraktiken vertiefen. Dazu wäre es natürlich notwendig, dass Ihre Behauptungen zur personellen Struktur der ausschreibenden Stellen von Ihnen mit Fakten belegt werden.
      Gern würde ich dann den von Ihnen beschrittenen Weg vertiefen.

      • Veröffentlich von Stefan Muck am 14. September 2020 um 20:27

        Sehr geehrter Herr Sturmfels, ich stelle keine Behauptungen zur Struktur der ausschreibenden Stellen auf. Zu den ausschreibenden Stellen äußere ich mich überhaupt nicht, sondern lediglich zur Qualität der Arbeit, der von den ausschreibenden Stellen beauftragten Restaurator*innen.
        Ich denke auch nicht dass meine Stellungnahme am Thema vorbei geht. ich erweitere lediglich den Blickwinkel von einer formalen Auseinandersetzung auf eine qualitative. im Kern geht es bei beiden Betrachtungen um eine Qualitätssicherung in der Denkmalpflege. Die juristischen Angriffe des Handwerkes gegen akademische Restaurator*innen, in denen versucht wird, diese zum Eintrag in die Handwerksrolle zu zwingen, sind bisher zum Glück gescheitert. Letzter Versuch war der Rechtsstreit von Ilja Streit.
        Vergangene Erfahrungen zwingen zu einem kritischen Blick auf die Aktivitäten des Handwerks. Wichtiger als das ist mir jedoch der Bereich, in dem Restaurator*innen selber Handlungsspielraum haben. Hier passiert zu wenig zur Qualitätssicherung in der Denkmalpflege und zur Stabilisierung des Berufs des/der akademischen Restaurator*innen. Das betrifft zum einen den selbstgemachten Niedergangs des eigenen Stundensatzes in der Kalkulation, zum anderen oftmals miserable Ausschreibungstexte, die zur Intervention zwingen, will man nicht Preise raten statt zu kalkulieren. Ein leider ständig sich wiederholendes Ritual. Hier die Dinge laufen zu lassen und nicht ordnend einzugreifen, wäre fahrlässig, denn hier kommen viele Mitspieler*innen aus den eigenen Reihen.

  2. Veröffentlich von Werner Obermeier am 14. September 2020 um 18:40

    Sehr geehrter Herr Grasse,

    zuerst dachte ich, Sie wären erst seit Juni 2020 dabei. Bei genauerem Hinsehen aber sind Sie schon seit Juni 2018 berufspolitischer Sprecher. Das wundert mich jetzt noch mehr. Denn Ihr Text strotzt derart von Halb- und/oder Unwahrheiten, Fehlern und Fehleinschätzungen, dass man das nicht so stehen lassen kann. Es ist besonders schade, denn gerade von Ihrer Stelle hätte ich mir persönlich etwas mehr Realitätssinn und auch einen fairen Blick auf das Handwerk erwartet. Was Sie hier aber abliefern, ist letztendlich der Versuch, die alte Feindschaft aufleben zu lassen. Sie wollen Öl ins Feuer gießen und das auf der offiziellen Seite des VdR.
    Dazu dienen nachweislich falsche Aussagen u. a. in Sachen Umfang der Weiterbildung RiH in Stunden und eine falsche Darstellung in Bezug auf das Einbinden der Beteiligten. Dass Sie zunächst von 600 und insgesamt 1600 Stunden schreiben, dann diese 1600 Stunden unter den Tisch fallen lassen, ist nicht einfach ein weiterer „handwerklicher“ Fehler des Textes: Sie versuchen damit zu manipulieren.
    Dass Sie den grundsätzlichen Ansatz des Handwerks zur beruflichen Bildung beginnend ab der Ausbildung wohl nicht kennen, muss ich Ihnen auch ankreiden.
    Von der Realität in so manchen Gewerken, in denen das Handwerk von Kunden hoch geschätzt wird und einen hervorragenden Anteil am Erhalt von Kulturgut leistet, auch kein Wort. Dass dazu oft nur das Handwerk die notwendige breite Basis liefert, sollten Sie schlichtweg akzeptieren.
    Ich hoffe nur, dass Sie sich in Zukunft etwas fairer mit der Sache auseinandersetzen und nicht zu denen gezählt werden müssen, die das Feuer immer nur anzufachen versuchen. Und noch eins: So mancher, der Ihre Stelle mit bezahlt, kommt auch aus dem Handwerk – auch das sollten Sie auch bedenken.
    Und es trägt nicht gerade dazu, die akademische Qualifikation hochleben zu lassen, wenn man es sich so einfach macht, wie Sie es gerade tun.

  3. Veröffentlich von Paul Grasse am 16. September 2020 um 12:36

    Sehr geehrter Herr Obermeier,
    Vielen Dank für Ihren Beitrag. Es ist durchaus beabsichtigt, dass der Blog Restaurator*innen Anlass gibt, miteinander ins Gespräch zu kommen, weniger ist beabsichtigt, dass der Autor des Blogs in eine Art Streitgespräch mit den Kommentatoren tritt.
    Dennoch habe ich den Eindruck, dass einige Ihrer Kritikpunkte von mir beantwortet werden sollten. Ich denke, man kann den Beitrag auch anders lesen und muss ihn nicht als „Öl-ins-Feuer“ verstehen. Das Gegenteil nämlich ist beabsichtigt. Zu Ihren Einwänden:
    Bislang ist in der neuen Prüfungsordnung zum geprüften Restaurator im Handwerk von 2019 überhaupt kein zeitlicher Umfang der Fortbildung definiert. Erst jetzt in der zweiten Verhandlungsrunde, in der es darum geht, den Titel „Master Professional“ für die Fortbildung RiH zu etablieren und vor allem zu untermauern, wird überhaupt ein zeitlicher Umfang genannt. Dieser beträgt 600 „Kontaktstunden“ und insgesamt 1600 Stunden, deren Ausgestaltung – abgesehen von den 600 Kontaktstunden eben – nicht genauer benannt wird. Es heißt in dem Entwurf, dass die Inhalte der Prüfungsordnung „eines Lernumfangs von mindestens 1600 Stunden“ bedürften. Schaut man sich im Vergleich die Modulhandbücher und Studienordnungen an, wird man die Größe „Lernumfang“ nicht finden, wohl aber eine sehr genaue Benennung der notwendigen Lehrstunden, die in diesem Kontext immer „Kontaktstunden“ meinen. Nur die 600 Stunden meinen also konkreten Unterricht, nicht aber die 1600 Stunden. Dennoch würde ich natürlich Ihre Nachweise, mit denen Sie mir falsche Behauptungen belegen wollen, gern in Betracht ziehen.
    Ich bin bekannt mit den drei Fortbildungsstufen und dem Berufsbildungsgesetz sowie mit der Neuformulierung der Prüfungsordnung des Restaurators im Handwerk, ich kenne auch einige Ausbildungsordnungen, und darauf basiert meine Analyse. Dass ich den „grundsätzlichen Ansatz des Handwerks ab der Ausbildung“ nicht kenne, ist eine Wissenslücke, die Sie mir sicher gern helfen zu schließen.
    Dass das Handwerk von Kunden hoch geschätzt wird, dass es u.a. auch die breite Basis für den Kulturguterhalt liefert, darin sind wir uns einig und das habe ich weder mündlich noch schriftlich jemals angezweifelt. Im Gegenteil habe ich Hochachtung vor dem Handwerk und denke auch immer noch, dass mein Text das widerspiegelt. Dass es gleichzeitig dem Kulturgut nicht gut tut, wenn Prüfungsordnungen inhaltlich überladen werden und die Sinnhaftigkeit des Berufes der an den Hochschulen ausgebildeten Restauratoren infrage gestellt wird, daran halte ich fest. Schon jetzt leiden die Fortbildungen zum RiH bundesweit unter schrumpfender Nachfrage, diese Lage wir durch die Erneuerung der Fortbildung nicht verbessert. Das ist nicht im Interesse der VDR-Restauratoren, nicht im Interesse der handwerklichen Restauratoren und nicht im Interesse des Kulturguts. Das ist das Thema des Textes und mit Verlaub, nicht eine umfängliche Darstellung der Vorzüge des Handwerks in seiner Umfänglichkeit. Dafür bitte ich um Verständnis.

    Alles Gute,
    Paul Grasse

  4. Veröffentlich von Stefan Muck am 16. September 2020 um 18:58

    Ich möchte an dieser Stelle noch mal einen anderen Blick auf die Entwicklung der Beziehung zwischen akademischen Restaurator*innen und den Restaurator*innen im Handwerk werfen.
    Im Handwerk reagierte man erst spät, nach der Einführung von Studiengängen für Restaurierung, auf die qualitativen Veränderungen in der restauratorischen Praxis, denen in zunehmendem Maße Handwerksbetriebe nicht mehr gewachsen waren. Statt: „geht nicht, muss man neu machen“, ging es nun doch.
    Statt aber den aus der Taufe gehobenen RiH zu stärken, wurde er im Grunde genommen im Stich gelassen. Die Fortbildung wurde nicht damit belohnt, im Handwerk die Hoheit über die Restaurierung zu haben. Im Gegenteil jeder Handwerksbetrieb der sich berufen sah, bot weiter „ungestraft“ in der Restaurierung Leistungen an.
    Auf der anderen Seite besetzten die akademischen Restaurator*innen einflussreiche Stellen in den Werkstätten der Landesämter für Denkmalpflege. Wieso einflussreich? Die Landesämter für Denkmalpflege sind keine Vergabestellen. Aber unter den akademischen Restaurator*innen herrscht eine gewisse Solidarität. Man kennt sich von Tagungen und Ausbildung. Dazu kommt der erworbene Anspruch an hochwertige Restaurierung, die man natürlich im Beruf umsetzen sehen möchte und das Vertrauen in seinesgleichen ist hier eben hoch.
    Als Weiteres kommt hinzu, das Vergabestellen oftmals wenig mit Restaurierungsprojekten zu tun haben, und vor allem bei beschränkten Ausschreibungen keine oder kaum Erfahrungen mit qualifizierten Betrieben vorliegt. Da helfen die Amtswerkstätten der Lfd gerne im Rahmen der Amtshilfe mit sogenannten Empfehlungen aus.
    Hier muss ich einschränkend sagen, dass es an einigen LfD den Mitarbeiter*innen grundsätzlich untersagt ist Empfehlungen abzugeben, an anderen LfD wiederum Empfehlungen an andere Behörden zugelassen werden, an private Eigentümer, hierzu zählen auch die Kirchen, jedoch nicht.
    Das Handwerk sieht sich unter diesen Realitäten abgeblockt. Jetzt suchen sie Zugänge zur Denkmalpflege, die auch über ihre rein rekonstruktiven Aufgaben hinausgehen, weil sie sich dazu befähigt sehen.
    Ich persönlich halte diese Empfehlungspraxis für einen manipulativen Eingriff in das Vergabegeschehen. Ich habe auch schon von Bauämtern gehört, denen diese Steuerung zu weit geht und die deshalb dazu übergehen, einen öffentlichen Teilnehmerwettbewerb, in eigener Regie, einer beschränkten Ausschreibung voranzustellen.
    Der Charakter einer Empfehlung ist seiner Natur nach immer selektiv. Die Kriterien nach denen ausgewählt wurde, ist für die Vergabestelle intransparent. Die gesetzliche Vorgabe bei beschränkten Ausschreibungen regelmäßig den Bieterkreis zu wechseln, sollte auch für die Empfehlungen der LfD gelten.
    Von daher kann ich die Kritik des Handwerks in Teilen gut nachvollziehen.
    Ich denke, ein offener Wettbewerb mit dem Handwerk in der restauratorischen Praxis wäre für die akademischen Restaurator*innen kein Nachteil, sondern Ansporn von der Voruntersuchung bis zur Ausschreibung in allen Belangen präziser zu werden. Das wäre auch der Weiterentwicklung des Berufsbildes förderlich. Man müsste nur den Mut aufbringen, sich von formalen Abgrenzungen zu lösen.

  5. Veröffentlich von Joachim Schroeder am 30. Juni 2021 um 17:55

    Letztendlicher Bildungsmaßstab ist die Zuordnung zu den beamteten Laufbahnsystemen: Meister= mittlerer Dienst, Bachelor = gehobener Dienst.
    Versäumt wurde die Differenzierung des Meisters in Vorbereitungen unter/über 880 Std. Lt. ISCED 65 berufsorientiert , 655 Fachschulen einschl. Meisterausbildung (Vorbereitungskurse ab 880 Std) ist somit der Meister über 880 std. dem SgTechniker gleichwertig.
    Die Kammern haben versäumt, die Meisterqualifikation zu differenzieren und angemessen in den Handwerksordnungen zu verorten.
    Ist bekannt, dass hochwertige Meister/SgTechniker in NRW und Nds nach A10 besoldet werden.
    Da der DQR rechtlich nicht belstbar ist, ist der DQR formell wertlos.
    Im HS-System wird jeder Lernfortschritt mit ECTS-CP bewertet. Warum im Handwerk nicht ähnlich? Welchen Wert hat dann der Restaurator im Handwerk?

  6. Veröffentlich von Joachim Schroeder am 23. Juli 2021 um 21:19

    Letztendlicher Bildungsmaßstab ist die beamtenbezogene Laufbahnzuordnung.
    – Meister/Sgtechniker: mittlerer Dienst
    – Bachelor : gehobener Dienst

    Eine Anpassungsfortbildung auf den Meister/Sgtechniker (Wirtschaftstechniker, Moers) dauert max. ein Halbjahr bzw. 600 UStd.
    Danach beginnt eine formal beruflich rechtsfreie Bildungsebene.
    Notwendig ist eine sachgerechte Verortung in ISCED 657 (Fachfortbildung oberhalb eines Fachschulabschlusses)

    Notwendig ist daher- neben dem HS.Bachelor- die Berücksichtigung im Laufbahnzugang gehobener Dienst lt GG33 (5): fortentwickeln.
    Eine Verortung im DQR Niveaustufe 7 (beruflich Master) ist unerheblich, da rechtlich nicht relevant.

  7. Veröffentlich von Joachim Schroeder am 6. Dezember 2021 um 21:41

    Wie ausgeführt, ist der letztendliche Bildungsmaßstab die Zuordnung zum Beamten-Laufbahnsystem. Dabei sind die Laufbahnverordnungen und Schulgesetze unabhängig. Jedoch bildet der Hochschul-Bachelor den Zugang zum gehobenen Dienst. Der DQR 7 Master Professional ist dagegen formell wertlos, da rechtlich nicht belastbar.
    Maßstab ist das GG33(5):fortentwickeln. Warum schafft das Handwerk keine eigene formelle (akkredierte?) Qualifikation- neben den HS-Abschlüssen- mit deren formellen Berechtigungen. Der teilweise „Umweg“ über die Hochschulen wäre dann nicht notwendig. Versäumt wurde eine objektive materielle Gesamtschau- unabhängig vom Bildungsträger.

  8. Veröffentlich von Joachim Schroeder am 22. Februar 2023 um 19:35

    Auch die Verortung im lt. DQR 7 ist rechtlich nicht belastbar und daher formal wertlos.
    Von Interesse wäre eine Zuordnung lt. ISCED 2011 oberhalb ISCED 655 (SgTechniker/Meister über 880 Std.) z.B. nach ISCEd 657 bzw. 75. Eine derartige Zuordnung ist bisher nicht erfolgt.
    Letztendlicher Maßstab ist die Beamtenverortung im öffentlichen Dienst. Gesetzlicher Maßstab ist allein die Dauer der Ausbildung.
    Notwendig ist eine materielle Gesamtschau in Praxis, Theorie und notwendiger Zwischentätigkeit unabhängig vom Bildungsträger.
    Qualifikationen für Karrierewege im öffentlichen Dienst an.

    Die CDU-Bund möchte die Gleichwertigkeit zwischen Bachelor bzw. Master Professionell und dem hochschulischen Bachelor bzw. Master an und will dies rechtlich verankern.
    Die Berliner Ampel möchte im Koalitionsvertrag S.67 gleichwertige berufliche Qualifikationen sachgerecht als Karrierewege im öffentlichen Dienst verankern.
    Die Berliner Ampel

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