Als Arnold Böcklin die Schauspielerin Fanny Janauschek 1861 porträtierte, legte er große Detailgenauigkeit an den Tag. Lebensgroß und in einem langen schwarzen Kleid stellte er sie dar. Wie zart der Schweizer Maler den Faltenwurf des Kleides ausarbeitete, darüber staunt man nun nach der jüngsten Restaurierung. Diese macht Details und die ursprünglich beabsichtigte Farbigkeit wieder erlebbar.
In Frankfurt am Main können Besucherinnen und Besucher des Städel seit dem 9. März 2020 erleben, dass eine sorgfältig ausgeführte Restaurierung im doppelten Wortsinn erhellend sein kann. Zum einen, weil das Bildnis durchaus heller wirkt als zuvor. Zum anderen aber auch, weil die vier Jahre währende Restaurierung neue Erkenntnisse zur Maltechnik Böcklins mit sich brachte.
Gealterte Firnisschichten, Übermalungen und Retuschen vorangegangener Restaurierungen wurden von der Gemäldeoberfläche abgetragen, da sie die originale Farbwirkung des Gemäldes nicht länger wiedergaben. „Die Restaurierung lüftet den Schleier, der lange auf dem Porträt lag. Wo vorher nur noch ein dumpfes schwarzes Kleid zu sehen war, liegt nun der ursprüngliche zarte Faltenwurf des Kleides wieder frei und bringt uns so Böcklins Malweise und Vorgehen, aber auch Fanny selbst wieder viel näher“, erklärt Stephan Knobloch, Leiter der Restaurierung für Gemälde und moderne Skulpturen am Städel Museum.
Zur Restaurierung
Bei einer früheren Restaurierung, die sich aufgrund der verwendeten Materialien schätzungsweise in die1950er-Jahre einordnen lässt, wurde die Leinwand doubliert. Bei der Doublierung wurde eine zweite Leinwand hinter dem originalen Träger angebracht. Dies sollte die Leinwand des Porträts stützen und dabei helfen, Fehlstellen auszugleichen – in diesem Fall fügte die Doublierung dem Werk aber erhebliche Schäden zu: Durch zu hohen Druck und zu viel Hitze drückte sich die Struktur der Leinwand durch die Malerei. Diese deutlich hervortretende Leinwandstruktur veränderte und verfälschte den Ausdruck des Gemäldes.
Nicht nur die Doublierung des Werks machte eine Restaurierung notwendig, sondern vor allem der Firnis auf der Vorderseite. Dieser bestand vor der jetzigen Restaurierung aus unregelmäßigen Schichten, die über die Jahre stark nachgedunkelt waren. Dieser Prozess hatte den von Böcklin intendierten Eindruckund die Farbigkeitdes Porträts verfälscht.
Die Freilegung der Malschicht zeigte, dass diese durch teils aggressive, heute nicht mehr verwendete Methoden bei der Entfernung alter Firnisschichten verletzt worden war. Dies ist bei Gemälden aus dem 19. Jahrhundert häufig der Fall, da Pigmente damals nicht länger nur mit Öl, sondern auch mit Harzen gebunden wurden, sogenannten Harzlasuren. Aus Naturharz sind traditionell aber auch die Firnisse, die über der Malerei zum Schutz aufgetragen wurden. Beim Bildnis der Schauspielerin Fanny Janauschek führten diese Methoden zu zahllosen hellen Stellen in der Leinwand. An vielen Partien waren diese Schäden so tief, dass sie die beige Grundierung durchschimmern ließen. Diese Lücken sind nun wieder geschlossen.
Darüber hinaus besserte der Restaurator Stephan Knobloch auch einige dunkle Übermalungen aus oder nahm diese vorsichtig wieder ab – immer mit dem Ziel, dem ursprünglichen Eindruck des Porträts so nahe zu kommen, wie es nach mehr als 150 Jahren möglich ist. Dabei stellte sich der delikate Faltenwurf des Kleides als besonders detailreiche Überraschung heraus – wie fein dieser von Böcklin ausgearbeitet war, hatten weder die Untersuchungen mit Röntgen noch die mit Infrarotstrahlen vor der Restaurierung offenbart.
Nach Abschluss der Restaurierungs-und Konservierungsarbeiten tritt die vom Maler beabsichtigte ursprüngliche nuancenreiche Farbigkeit wieder hervor. Abschließend wurde das Gemälde erneut mit einer dünnen Firnisschicht versehen und in einem neu angekauften Architekturrahmen, der wie das Gemälde auf die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert werden kann, wieder in die Galerieräume des Städel gehängt.
Dass diese aufwendige Restaurierung und Neurahmung umgesetzt werden konnte und die Schauspielerin auch in Zukunft einen würdigen Auftritt erhält, ist der Damengesellschaft des Städelschen Museums-Vereins zu verdanken.
Zum Gemälde
Das lebensgroße Bildnis der Schauspielerin Fanny Janauschek von Arnold Böcklin befindet sich seit 1934 im Besitz des Städelschen Museums-Vereins. Der ehemalige Städel Direktor Georg Swarzenski (1876–1957) – zu diesem Zeitpunkt wegen seiner jüdischen Herkunft aus den städtischen Ämtern entlassen – widmete dem Ankauf eine eigene Publikation, in der er auf die malerische Auffassung dieses monumentalen Porträts einging.
Die Dargestellte war eine der berühmtesten Schauspielerinnen des 19. Jahrhunderts, die ihren Durchbruch in jungen Jahren in Frankfurt erlebt hatte. Dort war sie von 1849-1860 am Schauspielhaus in Frankfurt engagiert. Nach Ihrer Entlassung aufgrund von Einsparmaßnahmen – was einen Theaterskandal hervorrief – ging sie auf Tour, die sie auch auf die großen Bühnen der Vereinigten Staaten von Amerika führte.
Der Maler Arnold Böcklin lernte die Frankfurter Schauspielerin 1861 bei einem Gastspiel in Weimar kennen. Dort entstand auch dieses lebensgroße Porträt. Es betont weder die legendäre Schönheit der gefeierten Tragödin, noch ist es ein dramatisches Rollenporträt. Eher reserviert als theatralisch wirkt die geheimnisvolle Mimin. Böcklin verstand es, die besondere Qualität der Schauspielerin hervorzuheben: Als Tragödin ist sie auf perfekte Weise eine Verkörperung des Leides.
Quelle: Presseinformation des Städel Museums
Weiterführende Informationen und Öffnungszeiten: www.staedelmuseum.de