Im Gespräch mit Johanna Ziegler Zwischen Handwerk, Kunst und Hightech. Die Papierrestaurierung am Dresdener Kupferstich-Kabinett gibt Einblicke in ihre Arbeit

Im Kupferstich-Kabinett Dresden lädt die Ausstellung „Handwerk, Kunst und Hightech“ dazu ein, die verschiedenen Aufgabengebiete und Forschungsfelder von Papierrestaurator:innen zu entdecken. Die Dresdener Restaurator:innen haben Kunstwerke aus sieben Jahrhunderten aus der über 500.000 Werke umfassenden Sammlung ausgesucht, um ihre restauratorische Praxis und ein Berufsbild im Wandel zu zeigen. Teil der Ausstellung ist auch die Schaurestaurierung der Vorzeichnungen des berühmten Fürstenzuges.

Wir haben mit Johanna Ziegler, der leitenden Restauratorin der Papierrestaurierung am Kupferstich-Kabinett in Dresden, über die Ausstellung gesprochen.

Liebe Frau Ziegler, gab es einen besonderen Anlass oder Auslöser für diese Ausstellung?

Johanna Ziegler: Ja, den gab es. Das größte Werk des Kupferstich-Kabinetts sind die Vorzeichnungen für den Dresdener Fürstenzug, nach denen in den 1870er Jahren das Sgraffito-Fresko in der Augustusstraße und später für die erneute Ausführung das Fliesenbild von der Meißener Porzellanmanufaktur geschaffen wurden. Diese 11 monumentalen Kartons, die jeweils rund zehn Meter lang und vier Meter hoch sind, werden seit letztem Jahr zum Teil restauriert, beziehungsweise konserviert. 

Vier Kartons haben wir uns besonders vorgenommen – darunter die Darstellung von August dem Starken – und zeigen dies auch öffentlich. Derzeit können Besucher:innen immer montags bei der Arbeit der Restaurator:innen zuschauen. Die Kartons werden ab Anfang September Teil der großen Ausstellung „William Kentridge. Listen to the Echo“ sein. In diesem Zusammenhang fanden wir, es sei eine wunderbare Gelegenheit, die Arbeit der Papierrestaurator:innen etwas genauer vorzustellen und haben die Ausstellung entwickelt.

Welche Schadensbilder finden Sie auf den Kartons?

Johanna Ziegler: Zunächst haben wir im Februar 2024 alle Vorderseiten der 11 Kartons hochauflösend durchfotografiert. Da bekommt man einen guten Überblick. Zeitlich und finanziell ist es zwar nicht möglich, alle Kartons zu restaurieren, aber durch eine Förderung der Rudolf-August Oetker-Stiftung können wir die vier Kartons ausführlich bearbeiten.

Der Fokus unserer Arbeit liegt vor allem auf der Konservierung. Die Kohlezeichnungen auf Papier wurden, vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts, fixiert und auf Leinwand kaschiert. Diese Kaschierung löst sich mittlerweile, es entstehen Risse und Fehlstellen und das Band, das den Rand umsäumt, ist verschmutzt und hängt stellenweise herunter. Neben der Fixierung und Stabilisierung dieser mechanischen Schäden ist vor allem die Reinigung die wichtigste Maßnahme. Wir saugen rückseitig mit einem Sicherheitsstaubsauger alles ab und auch die Vorderseite wird vorsichtig gereinigt, denn im Staub gibt es alte Schimmelsporen. Zum Schluss werden die konservierten Kartons auf größeren Rollen als bisher aufgerollt, um Stauchfalten und Risse zu verhindern.

Was ist in der Ausstellung zu sehen?

Johanna Ziegler: Für die Ausstellung haben wir mit der Dresdener Künstlerin und Ausstellungsdesignerin Ines Beyer zusammengearbeitet. Wir wollen zwar viele Informationen anbieten, aber die Besucher:innen nicht überfrachten und haben uns deshalb nicht streng didaktisch, sondern assoziativ und atmosphärisch den Themen genähert. Die Inhalte sind dem „Papier“ selbst, sowie den Schadensverursachern „Licht“, „Wasser“ und „Zeit“ zugeordnet.

Wir stellen künstlerische Techniken und Materialien vor und haben dafür Porträts ausgewählt, zum Beispiel ein Selbstbildnis in Kreide von Max Liebermann und die Federzeichnung eines Rembrandt-Schülers. Auch spezielle Kunstobjekte, wie ein Prägedruck von Günther Uecker, sind vertreten. Dann erklären wir moderne strahlendiagnostische Untersuchungsmethoden und gehen der Frage nach, was Licht eigentlich ist und wie man Lichtschäden möglichst vermeiden kann. Mit einem Holzschnitt der „großen Welle“ von Hokusai zeigen wir ein Beispiel für Schäden, die nach heutigem Stand nicht ohne zu großen Eingriff in die Substanz restauriert werden können und die unter anderem durch Wasser verursacht wurden. Der über die Jahre zum Teil sehr unterschiedliche restauratorische Umgang mit Fehlstellen und Ergänzungen ist ebenfalls Teil der Ausstellung. Beim Thema Präsentation haben wir die Systematik der Rahmen und der Passepartouts in ihrer historischen Entwicklung in Form einer Wandinstallation verfolgt. Persönlich gefällt mir gut, dass in der Ausstellung vier Arbeitstische aufgebaut sind, auf die von oben je ein Video projiziert wird. Darin sind die Restaurator:innen bei der Arbeit zu sehen, das ist sehr anschaulich.

Wie empfinden Sie das Verhältnis von Handwerk, Kunst und Hightech?

Johanna Ziegler: Das Berufsbild hat sich weiterentwickelt und für mich gibt es keinen Bruch zwischen Technik und Handwerk. Zwischen diesen Bereichen gab es schon immer eine gute Zusammenarbeit und es ist besonders die Vielfalt und das Spektrum in meiner Arbeit, die mir gefällt. Mit der Ausstellung wollen wir auch einem fachfremden Publikum einen guten Einblick in unsere Tätigkeiten geben.

Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Gudrun von Schoenebeck von der VDR-Onlineredaktion.

Links:

Ausstellung im Residenzschloss Dresden: „Handwerk, Kunst und Hightech. Papierrestaurierung im Kupferstich-Kabinett“, bis zum 13.07.2025

Ausstellungsflyer mit Infos zum Begleitprogramm

Themenführung: Restaurierung großformatiger Kunst auf Papier am 06.06.2025 um 15:30 Uhr

Der Fürstenzug auf Papier (auch als Medienstation in der Ausstellung integriert)

Ines Beyer, Künstlerin und Ausstellungsdesignerin

Ausstellung „William Kentridge. Listen to the Echo“, ab 06.09.2025

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