Ein Gespräch in Vorbereitung zur Tagung "Porentief rein?!" „Wo hört Schmutz auf, wo fängt Patina an?“

Daniela Bruder M.A. ist als Restauratorin spezialisiert auf Möbel und Holzobjekte und arbeitet im LWL-Freilichtmuseum Detmold. Im VDR gehört sie mit Eberhard Roller und Prof. Angelika Rauch zum Sprecherteam der Fachgruppe Möbel und Holzobjekte.

Vom 22. bis 24. September 2022 findet die Fachtagung „Porentief rein?! Reinigung von Möbeln und Holzobjekten in der Konservierung und Restaurierung“ an der FH Potsdam statt. Organisiert wird die Tagung vom Sprecherteam der Fachgruppe mit Unterstützung von Christian Huber und Harald Kühner.

Frau Bruder, warum hat das Orga-Team die Reinigung als Tagungsthema aufgegriffen?

Daniela Bruder: Das war tatsächlich ein Wunsch der Kolleg:innen. Bei der letzten Holztagung 2019 über “Ein Stück Alltag – Möbel und andere Dinge der Alltagskultur aus Holz in der Konservierung und Restaurierung“ haben wir die Mitglieder befragt, welche Themen von Interesse sind. Die Reinigung war dann ganz klar der Favorit. Damit hat man als Möbel- und Holzrestaurator:in ja ständig zu tun und wünscht sich den fachlichen Austausch. Nach dem Call for Papers lief es zwar zunächst ein wenig schleppend, aber schließlich kamen doch viele Ideen zusammen und wir haben ein sehr interessantes und vielseitiges Tagungsprogramm erstellen können.

Foto: Veronika Feckl

Man könnte denken, dass die Reinigung von Oberflächen ein Gebiet ist, in dem es vielleicht um technische, aber weniger um ethische Fragestellungen geht. Ein Blick in das Tagungsprogramm zeigt aber, dass hier sehr wohl viel Grundsätzliches zur Sprache kommt.

Daniela Bruder: Ja, auf jeden Fall. Als Restaurator:innen fragen wir uns ja ständig, was das Objekt in seiner Authentizität ausmacht. Sobald man den losen Oberflächenschmutz entfernt hat, muss man entscheiden, wie tief eine Reinigung gehen soll. Es gibt keine klare Schmutzgrenze und kein Schema F bei der Reinigung, das ist bei jedem Objekt anders. Wo hört der Schmutz auf, wo fängt die Patina an? Wo ändert sich also durch unsere Bewertung der Charakter von Schmutz: von etwas, das weg muss, zu einem Bedeutungsträger, der selbst zur Lesbarkeit von Objekten beiträgt und damit erhaltungswürdig wird? Wir finden das sehr spannend.

Bei meiner Arbeit im Freilichtmuseum ist es zum Beispiel ganz wichtig, dass die Objekte Gebrauchsspuren haben. Die Besucher wollen keine Alltagsgegenstände sehen, die wie neu wirken. Das waren sie ja zuzeiten ihrer Nutzung auch nicht! Vor der Tätigkeit im Museum war ich selbstständig und da war die Absprache mit dem Auftraggeber dann von Bedeutung bei der Frage, wie weit bzw. intensiv gereinigt werden sollte.

Auf der Tagung werden auch einige historische Reinigungsmittel und -techniken behandelt. Inwiefern ist das von Interesse für heutige Restaurator:innen?

Daniela Bruder: In der Restaurierung ist es immer gut zu wissen, woher man kommt und wie sich Techniken, Methoden und Reinigungsmittel entwickelt haben. Wir haben die Objekte ja eigentlich nie als Erste auf dem Tisch. Bevor sie zu uns kommen, sind sie häufig bereits durch viele Hände gegangen, gereinigt und behandelt worden. Historische Techniken oder auch Methoden wie das Ablaugen von Möbeln oder mit Holzschutzmittel belastete Objekte haben viele Jahre später noch Auswirkungen auf die Konservierung und Restaurierung. Dies alles ist auch gerade für Studierende interessant, die so einen Einblick in ältere Methoden und Mittel bekommen. Denn sehr häufig sind ja gerade diese Materialien oder deren Folgen Schadensursachen, die zu beheben sind.

Vorzustand eines Motivs in Tafelparkett (Foto: Eberhard Roller)

Inwieweit spielen neuere Forschungen eine Rolle auf der Tagung?

Daniela Bruder: Neben den ethischen und praktischen Fragen stellen wir auch einige aktuelle Forschungsansätze vor. Insbesondere die Laserreinigung und Reinigungs-Schäume sind wichtige Themen. Viele Restaurator:innen haben einfach nicht die Zeit, sich in ihrem Berufsalltag mit neuen Methoden zu beschäftigen und manchmal traut man sich auch nicht etwas auszuprobieren. Da ist es super, wenn man sich die Erkenntnisse und Erfahrungen der Kolleg:innen zunutze machen kann. 

Überhaupt sind der fachliche und persönliche Austausch und das Knüpfen und Pflegen von Kontakten eine wichtige Komponente, das kann man durch rein digitale Veranstaltungen einfach nicht ersetzen. Deshalb freue ich mich sehr auf diese Präsenzveranstaltung.

Mit Daniela Bruder sprach Gudrun von Schoenebeck von der Online-Redaktion des VDR.

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