Junge Restaurator:innen machen sich selbstständig stark_gegründet

Was bewegt junge Restaurator:innen dazu sich selbstständig zu machen? Welche Hoffnungen, Wünsche und Ängste haben sie? Wie viel Mut gehört zur Selbstständigkeit? Über diese Themen sprechen wir mit jungen Freiberufler:innen in unserer neuen Serie „stark_gegründet“. Den Anfang macht Salome Hohlfeld.

Gründerin: Salome Hohlfeld
Unternehmenssitz:
Freiburg und Heidelberg
Rechtsform: Einzelunternehmerin/Freiberuflerin
Fachrichtung und besondere Kenntnisse:
Gemälde und gefasste Holzobjekte, Dozentin und Beraterin für 3D-Digitalisierungsverfahren und Existenzgründung
Studium:
M.A. 2020 an der HAWK Hildesheim
Web-Präsenz:
www.restaurierung-hohlfeld.de  
Social Media:
Facebook, Instagram

Warum haben Sie sich zur Gründung entschlossen?

Salome Hohlfeld: Ich wusste schon kurz nach dem Vorpraktikum, das ich bewusst sowohl in einem Museum als auch bei einem Freiberufler absolviert habe, dass ich mich mal selbstständig machen will. So kann ich meiner Passion nachgehen, an interessanten Projekten arbeiten, Netzwerke gestalten und mein berufliches Portfolio zusammenstellen. Mich interessiert zum Beispiel neben meinem eigentlichen Fachgebiet die 3D-Digitalisierung und Computertomographie. Diesem Interesse kann ich als Freiberuflerin nachgehen und inzwischen kann ich das auch beruflich einsetzen. Für mich ist es wichtig, flexibel zu bleiben bei der Entscheidung, welche Aufträge ich annehme.

Sicher sind die Aufgabenfelder im Museum auch interessant, aber meiner Erfahrung nach gehen die Tätigkeitsfelder für Museumsrestaurator:innen und Freiberufler:innen mehr und mehr auseinander. Etwas pauschal gesagt kann man im eigenen Unternehmen mehr am Objekt arbeiten, man ist weniger mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt und man kann sein Team, wenn man mal einen größeren Auftrag hat, selber zusammenstellen.

Glauben Sie, dass Freiberuflichkeit für Jede:n geeignet ist?

Salome Hohlfeld: Ich glaube nicht, dass es jemanden gibt, der nicht für eine Freiberuflichkeit gemacht ist, denn man kann alles lernen. Wichtig ist es, sich zu trauen und Situationen, die nicht so gut laufen, mit einer gewissen Resilienz zu überstehen. Man sollte sich darüber klar werden, was man will und sich erlauben zu träumen. Das bedeutet auch eine Auseinandersetzung mit seinen Ängsten, etwa der Angst, man könnte es finanziell nicht schaffen. Die Sicherheit einer festen Anstellung ist auch nicht zu unterschätzen, aber es kommt darauf an, wie wichtig das für einen ist im Leben.

Was mir manchmal begegnet sind „Notgründungen“. Da wird dann gesagt: „Ich muss mich selbstständig machen, weil ich sowieso keine Anstellung finde.“ Das finde ich schwierig. Immer wenn man sich gezwungen fühlt, etwas zu tun, ist das keine gute Grundlage für eine Selbstständigkeit. Man nimmt sich selbst den Handlungsfreiraum, anstatt an sich zu glauben.

Welche, auch mentale, Hürden hat es für Sie gegeben?

Salome Hohlfeld: Die Angst zu scheitern oder nicht genug Erfahrung zu haben, ist zu Beginn der Selbstständigkeit sicher vorhanden. Da hilft aber auch eine gute Vorbereitung. Betriebswirtschaftliche Themen gab es bei uns als Modul im Studium, so dass man zum Beispiel einen gescheiten Stundensatz berechnen – und den auch vertreten – kann.  

Eine andere Hürde sind die Anschaffungskosten für die Werkstatteinrichtung. Als Gemälderestauratorin war das für mich vergleichsweise einfacher als in anderen Fachrichtungen. Ich habe zuerst klein angefangen mit einer Staffelei, dann habe ich einen Heizspatel und ein Mikroskop angeschafft, immer das, was ich gerade brauchte. Man wächst ja dann mit seinen Aufgaben. 

Wie machen Sie Werbung für Ihr Unternehmen?

Salome Hohlfeld: Ich finde es sehr wichtig, dass man seine Werbung streut. Man weiß nie, wie und wo der nächste Auftraggeber auf einen aufmerksam wird. Das kann über Instagram, das VDR-Berufsregister oder die eigene Website sein. Mundpropaganda funktioniert immer noch am besten und dafür ist es auch wichtig, den Kontakt zum Beispiel zu den Museumskolleg:innen in der eigenen Stadt zu pflegen. Sich vorstellen, Kaffee trinken, kennenlernen – und das kann man schon während des Studiums machen. Gut möglich, dass die im Moment keinen Auftrag zu vergeben haben, aber völlig unerwartet – das habe ich selbst erlebt – kommt dann eine Anfrage, um an einem Großprojekt teilzunehmen. 

Wie kann der VDR als Berufsverband junge Gründer:innen unterstützen?

Salome Hohlfeld: Ich meine, das Existenzgründerseminar ist ein sehr gutes Angebot. Dabei finde ich es wichtig, dass man nicht nur über rechtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte, sondern auch über Ängste und Visionen spricht. Da spielen die Mentoren eine große Rolle. Dieses Angebot, das der VDR vor der Corona-Pandemie in Präsenz begonnen hatte, könnte man wiederaufleben lassen und ausbauen. 

Wie würden Sie Ihren Kolleg:innen Mut zur Gründung machen?

Salome Hohlfeld: Traut euch zu träumen und habt keine Angst vor Fehlern, denn die machen wir alle. Fehler zu machen und daraus zu lernen ist nicht dasselbe wie zu scheitern. Überlegt, wie für euch der perfekte Arbeitstag aussehen könnte. Das ist ein guter Ausgangspunkt um herauszufinden, was man will. Und habt bitte kein Konkurrenzdenken. Wenn wir uns als Kolleg:innen unterstützen, kommen wir gemeinsam weiter. Es gibt genügend Aufträge für alle.

Vielen Dank für das Gespräch. Die Fragen stellte Gudrun von Schoenebeck aus der VDR Online-Redaktion.

Web-Convention „Frauensache: Unternehmen gründen“

Am 17.02.2022 kann man Salome Hohlfeld als eine der Sprecherinnen der Web-Convention „Frauensache: Unternehmen gründen“ erleben. Ihr Vortrag heißt: „Die Kunst zu(m) starten – Alte Meister treffen moderne Technik“.

Der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) und die Zeitschrift „emotion“ laden zu dieser gemeinsamen zweiteiligen Web-Convention „Frauensache: Unternehmen gründen“ am 17.02.2022 (Programm) und am 17.03.2022 (Programm) ein. Der BFB und „emotion“ möchten Frauen, die sich mit dem Weg in die Selbstständigkeit und der Unternehmens-Gründung konkret befassen, gemeinsam unterstützen.

#webconvention #gründerinnen

Die Teilnahme ist gratis, hier gibt es weitere Informationen

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