Die Liebieghaus Skulpturensammlung in Frankfurt am Main hat eine bisher unbekannte Skulptur des renommierten spanischen Barock-Bildhauers Pedro de Mena (um 1628–1688) erworben. Die Maria Inmaculada Concepción (17. Jahrhundert) zeigt eine Jungfrau auf einer Mondsichel stehend. Die Erwerbung ist eine herausragende Ergänzung für die Sammlung und markiert zugleich einen neuen zentralen Restaurierungs- und Forschungsschwerpunkt der Liebieghaus Skulpturensammlung.
Die Skulptur befand sich seit vielen Jahrzehnten unentdeckt und nicht zugeschrieben in einer deutschen Privatsammlung. Im Laufe der Jahrhunderte wurden an dem Werk zahlreiche Veränderungen vorgenommen. Das deutsch-spanische Restauratorenteam der Liebieghaus Skulpturensammlung, Miguel González de Quevedo Ibáñez und Harald Theiss, widmet sich jetzt intensiv der Erforschung und Restaurierung der Skulptur. „Neben kleineren Ausbrüchen im Faltenwurf und in der Frisur sowie dem fast vollständigen Verlust der mit Echthaar applizierten Wimpern fallen die flächigen, stark glänzenden und wenig virtuos ausgeführten Übermalungen jüngeren Datums auf, die die gesamte Figur überziehen“, erklärt Harald Theiss, der Werkstattleiter für die Skulpturenrestaurierung. Unter den späteren Übermalungen der Skulptur ist jedoch die qualitätvolle Originalmalerei de Menas weitgehend erhalten geblieben. In einem von der Ernst von Siemens Kunststiftung geförderten Restaurierungsprojekt werden die originale Bemalung der Frankfurter Skulptur von Pedro de Mena in den nächsten Jahren freigelegt sowie Fehlstellen in Form und Farbe ergänzt. Die Abnahme der Übermalungen gehört dabei zu den aufwändigsten Arbeitsschritten der Restaurierung und muss sehr sorgfältig erfolgen, um das Original nicht zu beschädigen.
Pedro de Mena gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der spanischen Bildhauerei des sogenannten „Siglio de Oro“ (Goldenes Zeitalter) im 17. Jahrhundert. Die ikonografische Darstellung der Inmaculada Concepción war in dieser Zeit so populär, dass die Figur zur Schutzpatronin von ganz Spanien erklärt wurde. De Mena ist für seine einzigartige Bildhauertechnik und sein ästhetisches Konzept bekannt, das sich durch eine hochentwickelte Handwerkskunst und die virtuose und realistische Ausgestaltung seiner Werke auszeichnet.
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren die Zünfte der Bildhauer und der Maler bzw. Fassmaler streng voneinander getrennt. In der zweiten Hälfte wurde diese Trennung jedoch zunehmend aufgehoben und Bildhauer konnten ihre Werke innerhalb ihrer Werkstätten selbst fassen lassen. De Mena war einer der ersten Künstler, der von der zuvor in Spanien üblichen Darstellung stark gemusterter Gewänder zugunsten hyperrealistischer Polychromie abwich. Zur Steigerung der naturalistischen Wirkung verwendete er auch zunehmend Fremdmaterialien wie Glasaugen, Echthaar, Zähne aus Elfenbein, Dornenkronen aus Pflanzenzweigen und Seile und Kordeln in seinen Farbfassungen. Die Frankfurter Maria Inmaculada Concepción zeigt die typischen Merkmale. Heute ist die Kunst de Menas in den wichtigsten Museumssammlungen Spaniens vertreten, wie beispielsweise im Museo Nacional del Prado in Madrid, im Museo Nacional de Escultura in Valladolid oder im Museo de Bellas Artes in Sevilla.
Text aus der Pressemitteilung der Liebieghaus Skulpturensammlung vom 21.02.2024
Liebieghaus Skulpturensammlung: Weitere Informationen und Bilder zur Inmaculada