Eigentlich sollte es im Mittelpunkt einer farbenprächtigen Brücke-Ausstellung stehen: Ernst Ludwig Kirchners berühmtes Gemälde „Badende im Raum“. Doch musste die Moderne Galerie des Saarlandmuseums im Winter pandemiebedingt geschlossen bleiben.
Nun hat das Team der Kunstvermittlung sich etwas Besonders einfallen lassen: Das Werk ist seit Dezember 2020 als interaktives Angebot digital erlebbar. Dabei sind die Gäste dazu eingeladen in Kirchners Lebens- und Farbwelten einzutauchen. Auch hinter die Kulissen der Restaurierungswerkstatt können sie einen umfassenden Blick werfen.
Ernst Ludwig Kirchners berühmtes Gemälde Badende im Raum (1909 -10), ein Hauptwerk aus der Sammlung der Modernen Galerie, zeigt fünf Frauenakte im Atelier des Künstlers, die in intensiver Farbigkeit den exotisch aufgeladenen Raum beherrschen.
Wie viele seiner Vorkriegsbilder wurde auch dieses Werk von Kirchner in
den 1920er Jahren übermalt. Dieser Umstand birgt einige konservatorische Probleme, aber auch interessante Geheimnisse. Die genauere Untersuchung und Sicherung der Farbschichten war deshalb schon
länger ein wichtiges Forschungsvorhaben, dessen Umsetzung im Rahmen der
Ausstellung „Welt – Bühne – Traum. Die „Brücke“ im Atelier“ in Angriff
genommen werden konnte.
So erlaubt die aktuelle Präsentation einem breiteren Publikum erstmals tieferen Einblick in die Arbeit der Restauratorinnen am Saarlandmuseum, denn die komplexe Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Kunstwerks erhielt nicht nur eine eigene Sektion in der Ausstellung, sondern kann auch digital auf bruecke.modernegalerie.org erkundet werden.
Wissensdurstige Besucherinnen und Gäste können sich über den Forschungsverlauf des Projekts informieren und die verschiedenen Untersuchungsmethoden kennenlernen. (Kunst)historische Themen, wie Kirchners wechselvolle Ateliergeschichte, die Ausstattung der Wohn- und Arbeitsräume in der Berliner Straße 80, Fragen der Datierung und Übermalung treffen auf aktuelle Mikroskop-, Röntgen- sowie Infrarot- und UV-Aufnahmen der Badenden im Raum, die vor allem interessante Details zur Entstehungsgeschichte offenlegen.
So zeugen die Knicke und Falten, die im Streiflicht deutlich zu erkennen sind (Foto oben), von Kirchners Umzügen und dem wiederholten Aufrollen der Leinwand. Infrarotaufnahmen bringen einen männlichen Akt zum Vorschein, von dem nach der Übermalung heute lediglich noch der Kopf zu sehen ist. Und auch weitere spannende Details zur Entstehungsgeschichte konnten die restauratorischen Untersuchungen zutage fördern. Der digitale Rundgang macht so im besten Sinne erlebbar wie eng restauratorische und (kunst-)historische Forschung verflochten sein können.
Die Ausstellung „Welt – Bühne – Traum. Die „Brücke“ im Atelier“ wird realisiert mit freundlicher Unterstützung der Stiftung ME Saar, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Globus Stiftung und der Sparkassen-Finanzgruppe Saar.