In diesem Jahr blicken wir zurück auf 50 Jahre Restaurierungsstudium. Diese nahm 1968 an der Kunsthochschule Berlin Weißensee ihren Anfang. Ein Anlass zu feiern und die Geschichte des Studiums der Konservierung und Restaurierung in Deutschland näher zu betrachten. Und auch ein Grund, stolz zu sein.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit seinen verheerenden Verlusten, auch an Kunst- und Kulturgütern, gab es in Deutschland weder eine spezialisierte Ausbildung zum Restaurator noch ein Berufsbild. Ein Manko, dessen man sich gerade in den Nachkriegsjahren immer deutlicher bewusst wurde. Die verbliebenen Kunstschätze waren zu sichern, zu bergen und zu retten. „Vieles war zerstört, beschädigt oder auch durch mangelnde Aufsicht gefährdet.“[1] Es gab einen „gewaltigen Bedarf an Fachkräften für die Konservierung und Restaurierung von Kunst- und Kulturgut. Dem standen nur wenige Restauratoren, die den Krieg überlebt hatten, gegenüber. (…) Kriegsheimkehrer auf Arbeitssuche ließen sich anlernen, halfen unter Anleitung und eigneten sich Wissen und Fertigkeiten an.“[1]
Zunächst künstlerisch geprägte Kurse
Vor diesem Hintergrund begannen intensive Bemühungen, Ausbildungsmöglichkeiten für Restauratoren ins Leben zu rufen. So gründete beispielsweise Kurt Wehlte 1948 das Institut für die Technologie der Malerei an der Akademie für Bildende Künste in Stuttgart. Später richtete er dort auch eine Ausbildungsklasse für Gemälderestauratoren ein. Ab 1951 bot die Kunsthochschule Giebichenstein eine Klasse mit Schwerpunkt Technologie der Malerei und Unterweisungen in der Restaurierung von Gemälden und gefassten Objekten an. Dieser Versuch einer akademischen Restauratorenausbildung endet jedoch mit Weggang des lehrenden Professors Kurt Bunge 1959. Beide Ausbildungen waren wichtige Ausgangspunkte für die institutionalisierte Ausbildung von Restauratoren. Sie waren jedoch stark künstlerisch geprägt, sodass man noch nicht von einer wissenschaftlich fundierten Aus- und Weiterbildung im heutigen Sinn sprechen konnte.
Hoffnungsvoller Beginn – erste reguläre Restauratorenausbildung auf Hochschulebene
Die Hochschule für Bildende Künste in Dresden unternahm 1964 einen ersten Versuch in diese Richtung, wobei der damalige Chefrestaurator der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Karl-Heinz Weber, eine einzelne Studierende bis zum Diplomabschluss begleitete. So war 1986 Brunhilde Gubsch die erste Diplom-Restauratorin in der DDR. Zu einer Einrichtung einer Studieneinrichtung in der Folge kam es jedoch zunächst nicht.
Zu einem hoffnungsvollen Beginn kam es schließlich 1968 in Berlin. Auf Drängen der Denkmalämter und Museen, insbesondere des Generalkonservators des Instituts Denkmalpflege, Ludwig Deiters, wurde 1966/67 auf ministerieller Ebene der Beschluss gefasst, eine reguläre Restauratorenausbildung auf Fach- und Hochschulebene aufzubauen. Kurz darauf wurde der erste Studiengang in Deutschland eingerichtet, und zwar an der Kunsthochschule Weißensee mit der Spezialisierungsrichtung Gemälderestaurierung. Dabei boten sechs Lehrer, ein Professor und eine organisatorische Leiterin den jährlich drei bis vier Studierenden erstmals ein koordiniertes Lehrprogramm mit künstlerischer Ausbildung, Lehre in Kunstgeschichte und den obligatorischen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern, die an der Hochschule stattfanden.
Grundstein für die heutige Hochschullandschaft
Berlin Weißensee brachte insgesamt 14 Absolventen hervor. „Einige von ihnen arbeiteten bald als Chefrestauratoren und Hochschullehrer“[1] Sie prägten die weitere Entwicklung des Berufs Restaurator entscheidend mit. Schlüsselrollen in der Professionalisierung des Berufsstandes nahmen auch die damaligen Lehrer ein. Sie sind der Restauratorenwelt bis heute als wichtige Wegbereiter namentlich weithin bekannt: Konrad Riemann, Roland Möller, Johannes Voss, Wolf-Dieter Kunze, Ingo Sandner und Ingo Timm.
Wenngleich sich der Studiengang in Berlin nur vier Jahre hielt, war dies der entscheidende Grundstein für die Hochschullandschaft der Konservierung-Restaurierung, die wir heute vor uns haben; mit über 30 Studiengängen an 9 Hochschulstandorten in Deutschland.
Das Studium als gängiger Ausbildungsweg
Ausgehend von 1968 hat sich in den letzten fünf Jahrzehnten aufgrund der hohen Anforderungen an die Restaurierung die Hochschulausbildung zum Restaurator nach und nach als gängige Ausbildung etabliert. Wurde zunächst nur die Fachrichtung Gemälde und Skulpturen angeboten, so sind die Studienmöglichkeiten und Fachrichtungen heute so vielfältig wie die Materialien und Kulturgüter selbst: Sie reichen von der Konservierung und Restaurierung von archäologischem Kulturgut über ethnografische Objekte, Fotos und Datenträger, Glasmalereien und Mosaiken bis hin zu Möbeln, Musikinstrumenten, Textilien, Wandmalereien und einigem mehr. Eine Entwicklung, die über fünf Dekaden für gut ausgebildete, hochspezialisierte Fachkräfte für die Konservierung und Restaurierung gesorgt hat und einen riesigen Gewinn für die Erhaltung unseres gemeinsamen kulturellen Erbes bedeutet.
Ein Grund zum Feiern
Der Verband der Restauratoren (VDR) und der europäische Dachverband der Restauratorenverbände (E.C.C.O) haben diese Entwicklung hin zu einem wissenschaftlich fundierten Studium über die Jahre unterstützt und begleitet. Die Anfänge des Restaurierungsstudiums in Deutschland vor 50 Jahren nimmt der VDR im Kulturerbejahr Sharing Heritage 2018 daher zum Anlass, die Geschichte der wissenschaftlichen Restauratorenausbildung näher zu beleuchten, die Leistungen vieler herausragender Restauratoren-Persönlichkeiten zu würdigen und die Bedeutung der recht jungen Profession „Restaurator/in“ für den Schutz und die Bewahrung unseres gemeinsamen Kulturerbes zu betonen.
Der Verband der Restauratoren wird mit einem Kolloqium auf der Messe denkmal in Leipzig am 9. November 2018 „50 Jahre Restaurierungsstudium“ feiern. Hierzu laden wir herzlich ein.
Rekonstruieren Sie mit uns ein Stück Zeitgeschichte!
Der oben skizzierte geschichtliche Abriss erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In diesem Blog möchten wir zudem Stück für Stück eine Timeline der Restauratorenausbildung von 1945 bis heute zeichnen. Diese soll kontinuierlich wachsen und um lebhafte Berichte von Lehrenden und Studierenden aller Studienorte und Fachbereiche bereichert werden. Auch möchten wir auf historische Dokumente, altes Lehrmaterial, Fotos und weiteres Informationsmaterial verlinken. Helfen Sie mit! Komplettieren Sie mit uns die Geschichte der Restauratoren. Wir freuen uns auf Ihre Beiträge und Nachricht.
Quellen und Literatur:
[1] Ingo Sandner, Die Ausbildung von Restauratoren – der Berufsstand und seine Entwicklung von 1945 bis 1990, in: Denkmalpflege in der DDR – Rückblicke. Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Band 41. Landesamt für Berlin (Hg., Berlin 2014.
[2] Rolf Wihr, Vierzig Jahre AdR (ATM) – Die Geschichte eines Berufes und seiner Organisation, in: Spannungsfeld Restaurierung. Jubiläumsschrift zum 40jährigen Bestehen der AdR. AdR-Schriftenreihe zur Restaurierung und Grabungstechnik, Heft 2 (1996), Kirchzarten-Zarten 1996.