50 Jahre Restaurierungsstudium – Fragen an Alumni aus 5 Jahrzehnten Marlies Giebe über Anfangsjahre an der HfBK Dresden

2024 feiert der Studiengang ‚Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung von Kunst- und Kulturgut‘ an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Dresden sein 50-jähriges Bestehen. Das Jubiläum ist für die Berufsgruppe der Restaurator:innen ein besonderes, denn es handelt sich um den ältesten erhaltenen Hochschulstudiengang der Konservierung-Restaurierung in Deutschland.

Über die Entwicklung des Studiengangs wollten wir als Berufsverband mehr wissen. Daher hat der VDR aus seiner Mitgliedschaft Alumni aus fünf Jahrzehnten zu ihren Studienerlebnissen befragt.

Unsere Jubiläums-Blogreihe startet mit Diplom-Restauratorin Prof. Marlies Giebe, die ihr Studium an der HfBK 1975 aufnahm und der Hochschule über Dekaden eng verbunden geblieben ist.

– Interview über das Restaurierungsstudium in Dresden in den 1970er Jahren –

Liebe Frau Giebe, wie entstand Ihr Wunsch Restauratorin zu werden?

Ich bin in Dresden, in einer Künstlerfamilie, aufgewachsen. Meine Eltern waren Grafiker und Zeichner. Mein Vater, Gerhard Kettner, lehrte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Meine Mutter war freischaffend als Buchillustratorin tätig. Die Kindheit habe ich überwiegend im Atelier verbracht: Kunst, Künstler – Kunstgeschichte und künstlerische Techniken – waren immer Themen bei uns. Ich zeichnete gern, interessierte mich aber auch für Naturwissenschaften.

Die Ruinen des Krieges waren in Dresden bis in meine Jugend noch präsent. Wir durchstöberten als Kinder die Gärten der Trümmergrundstücke nebenan, suchten Schätze, fanden Fragmente aus Porzellan, Glas, Keramik und Stein. Bei den Großeltern verbrachten wir die Regentage auf dem Dachboden des alten Umgebindehauses. Aus diesem Umfeld entstand mein Berufswunsch.

Von wann bis wann haben Sie in Dresden studiert?

Nach der Gründung des Studienganges 1974, studierte ich im zweiten Jahrgang von 1975-1980. Anschließend war ich bis 1984 Assistentin in der Abteilung, gemeinsam mit Elvira Kless und Friedbert Kühn. Meine folgenden Erinnerungen umfassen diesen Zeitraum.

Bei welchen Professor:innen? Und in welcher Fachrichtung?

Professuren gab es zu Beginn der Ausbildung noch nicht. Ingo Sandner war „Gründungsdozent“. Die Berufungsverfahren folgten nach den akademischen Regeln erst in den folgenden Jahren.
Meine Diplomarbeit hat Karl-Heinz Weber betreut, da ich ein Gemälde aus dem Bestand der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bearbeitet habe. Es war ein stark beschädigtes Leinwandbild, eine Supraporte von Adam Friedrich Oeser.

Unter Leitung von Ingo Sandner wurde das Studienprogramm mit einem Blockunterricht aufgebaut. Man orientierte sich dabei an der vorangegangenen Ausbildung in Berlin–Weißensee. Die Lehreinheiten umfassten einem Zeitraum von jeweils 6-8 Wochen (drei Tage pro Woche). Vorlesungsprogramm und Atelierarbeit an originalen Objekten waren in der Zeit einem Themenkreis gewidmet. Verschiedene Problemfälle und Fragestellungen boten so einen breiten Überblick zu einem Fachgebiet. (z.B. Leinwandbildkonservierung, Holzkonservierung, Firnisabnahme, Kittung und Retusche, Wandmalereikonservierung).

Viele erfahrene Fachleute aus der Denkmalpflege, den Museen und freischaffende Restaurator:innen waren auf Honorarbasis in diese Lehre eingebunden, lehrten jeweils ein Fachgebiet. Ich lernte so als Studentin wichtige Stimmen aus der Fachwelt direkt bei der Lehre kennen. Auf dem Gebiet der Gemälderestaurierung, neben Ingo Sandner (Leinwandbildkonservierung), Ingo Timm für das Thema Firnisabnahme und Karl-Heinz Weber zu den Themen Kittung/Retusche/Firnis. Das Fach Holz/Holzkonservierung unterrichteten Johannes Voss, Bernd Bünsche, Rosi Schwabe und Gisela Meier als Assistentin, Wandmalerei/Konservierung: Konrad Riemann und Roland Möller. Peter Taubert und Heinz Puckelwartz lehrten Vergoldertechniken.

Da die zu bearbeitenden Objekte auf Grund dieser Lehrpraxis von Kurs zu Kurs weitergereicht werden mussten, ergaben sich interessante Fachgespräche zwischen Lehrern mit unterschiedlichen Ansatzpunkten und Herangehensweisen, die für die anwesenden Studierenden zusätzlich Gewinn brachten.

Die kunsthistorische Ausbildung konnte für die Fachrichtung Restaurierung von Beginn an durch spezielle Galerieführungen von Kunstwissenschaftlern der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) und Fachexkursionen des Institutes für Denkmalpflege erweitert werden, eingebunden waren z. B. Manfred Bachmann, Harald Marx, Anna-Liese Mayer-Meintschel, Heinrich Magirius und Elisabeth Hütter.

Ganz wichtig für die Ausbildung waren darüber hinaus die Fachgebiete Naturwissenschaft, wissenschaftliche Fotografie und Strahlendiagnostik, die an der HfBK von Anfang an mit hoher Professionalität von Hans-Peter Schramm, Maria Schramm, Bernd Hering und Ingo Sandner mit Asmus Steuerlein aufgebaut wurden und schnell zum Mekka für die Fachcommunity in der DDR avancierten.

Abb. 1: Das neueingerichtete Naturwissenschaftliche Labor im Erdgeschoss Güntzstraße 34, Hans-Peter Schramm und Bernd Hering mit den Studenten Rolf Herzberg und Günther Ohlhoff, um 1975.
Foto: HfBK Dresden

Ein weiterer Teil der Ausbildung galt dem künstlerischen Grundlagenstudium mit Gunther Jacob, Gerhard Krüger und Eva-Maria Schreiter. Eigenständig war das Fachgebiet historische Maltechnik und Kopie, das Friedrich Decker als Gemälderestaurator – und als Künstler – in einer sehr fachlich begründeten Form einbrachte.

Darüber hinaus gab es in den ersten zwei Jahren die obligaten Theoriefächer, die alle Studierenden der verschiedenen Fachrichtungen der HfBK, jeweils Montag und Dienstag, gemeinsam zu absolvieren hatten: Anatomie, Kunstgeschichte, Ästhetik, Architekturgrundlagen, Sprachen (Russisch, Englisch) und natürlich Marxismus-Leninismus und Sport.

Es war von Beginn an ein zentraler Ansatz, den Diplom-Studiengang Restaurierung von der Ausbildung der Bildenden Künstler (Malern/Grafikern/Bildhauern) klar abzugrenzen und als selbständigem Fachbereich auf der Güntzstraße zu etablieren. Wobei es für das Selbstverständnis des Restauratoren-Berufes sicher von Vorteil war, Kunststudent:innen, ihre Arbeitsmethoden und Schaffensansätze an der Hochschule mitzuerleben und auch selbst einmal zu praktizieren.

Typischer Spruch oder Merkmal des Profs?

Sie merken schon, dass ich jetzt passen muss. Aber ein legendärer Satz, der unseren Berufsanfang begleitete, ist mir unvergessen:

„Der Beruf des Restaurators ist so schön, daß man eigentlich Vergnügungssteuer zahlen müsste!“

(Wenn ich mich recht erinnere, wurde er dem Seniorrestaurator Hans Leweke zugeschrieben.)

In welchem Gebäude waren Sie untergebracht?

Die Abteilung Restaurierung ist seit der Gründung 1974 bis heute an derselben Stelle untergebracht: in dem ehemaligen Komplex der Kunstgewerbeakademie, Güntzstraße 34: die Studentenateliers im zweiten Obergeschoss, das Naturwissenschaftliche Labor und die Fotoateliers im Erdgeschoss. Natürlich haben sich die Zahl der Räume und die Ausstattung in den 50 Jahren erheblich vergrößert.

Welche Ausstattung war vorhanden?

Die Ausstattung war ein ganz großes Thema in den Anfangsjahren. Die DDR, mit ihren Volkseigenen Betrieben und der alles regulierenden Planwirtschaft, drängte zu Kombinatsbildungen und Massenproduktion. Werkstoffe und Material waren streng limitiert und an Planvorgaben gebunden. Kleine Spezialbetriebe für Einzelanfertigungen waren kaum noch zu finden. Es war deshalb für uns zu Beginn ein riesiges Erlebnis, die Neueinrichtung einer Abteilung mitzuerleben. Als ich begann, war im Frühjahr gerade das topmoderne Naturwissenschaftliche Forschungslabor eingeweiht worden. (In den Räumen befand sich zuvor eine Lebensmittelverkaufsstelle. Das erste Studienjahr hatte dort noch bei dem Umbau geholfen). Das Fotolabor, auch Labor für Strahlendiagnostik, bot eine professionelle Fototechnik auf der Basis einer 18×24 Plattenkamera, zwei Dunkelkammern, eine mobile Röntgenanlage, UV-Lampen und die erste IR-Kamera mit Monitor. Das war ein neuer Maßstab in der DDR.

Die Ateliers für Leinwandbild- und Holzkonservierung wurden ausgestattet mit modernen beweglichen Zeiss-Mikroskopen, einem mehrteiligen Vakuumheiztisch, aber auch einer alten Furnierpresse, die neu ausgestattet, nachgenutzt werden konnte. Die Kleinwerkzeuge, wie Heizspachtel, Skalpelle, Pinsel etc. waren zu meiner Zeit in gleicher Weise sehr kostbar, waren Hochschuleigentum, und wurden Studierenden für den jeweiligen Kurs ausgeliehen – ein mühseliges Unterfangen für die Assistenten. Aber qualitätvolle Werkzeuge waren oft Importe für harte Währung und nur limitiert über Institutionen verfügbar.

In studentischen Projekten wurde die technische Ausstattung mit viel Engagement erweitert und aktualisiert. Ein erster Niederdrucktisch konnte entwickelt und gebaut werden. Klebstoffe und Materialien für die Konservierung wurden getestet, BEVA 371 – auf der Basis von DDR-Chemikalien nachgebaut. Später hieß der Heißsiegelkleber „Salie 83“ (Sandners-Liebling).

Welche Studienrichtungen und -inhalte gab es?

Die Fachgebiete Gemälde, Skulptur und Wandmalerei waren zu Beginn noch vereint. Die Ausbildung wurde so inhaltlich von vielen Experten getragen, wie ich schon ausgeführt habe. Erst mit der Entscheidung für ein konkretes Diplomthema konnte man einen Schwerpunkt setzen.

Nach 1980 wurden ein zweijährigen Grundstudium eingeführt und die Fachklassen gebildet, zuerst die Gemäldeklasse, Leitung: Ingo Sandner und die Skulpturenrestaurierung, Leitung: Gisela Meier. 1984 kam die Fachrichtung Wandmalereirestaurierung unter Roland Möller dazu. In dieser Zeit führte man eine Seminararbeit im 4. Studienjahr zu vertiefenden Forschungsthemen ein. Am Ende der 70er und zu Beginn der 80er Jahre wurde unter den Studierenden intensiv über die Vor- und Nachteile von Naturstoffen und den Einsatz von modernen Kunststoffen, besonders von Acrylharzen in der Konservierung diskutiert; darüber hinaus über verschiedene Methoden der Holz- und Leinwandbildkonservierung, das Thema Firnisabnahme sowie Kittmaterialien und Retuschiertechniken.

Wie viele Studierende waren Sie und wie hießen Ihre Kommiliton:innen?

Die Ausbildung wurde 1974 mit 10 Studierenden pro Jahr aufgenommen. Als ich 1975 begann, waren wir 20, überwiegend Studentinnen (pro Jahrgang nur 3 Herren). Die Atmosphäre war sehr persönlich, da sich die Zahl der Lehrenden und der Studierenden fast noch ausglich. Es war ein Team im Aufbau, voller Ideen, Tatkraft und Improvisation.

Meine Kommiliton:innen im zweiten Jahrgang waren Petra Barkowsky, Katrin Grosche, Cornelia Gruner, Katharina Klein, Ursula Kral, Rainer Mahn, Frank-Ernest Nitzsche, Angelika Tust und Wolfram Vormelker – alle sind dem Beruf treu geblieben.

Abb. 2: 1978 feierten wir das Bergfest unseres Studienjahres mit Lehrern und Freund:innen in der legendären Keppmühle. (5.v.l. Johannes Voss, mittig Harald Marx mit Gattin, u.r. Hans-Peter und Maria Schramm)
Foto: unbekannt

Gab es während Ihrer Studienzeit in Dresden Ereignisse, die zwar nichts mit Restaurierung zu tun haben, Ihnen aber gut im Gedächtnis geblieben sind?

Vielleicht meinen Sie die berühmt, berüchtigten Faschingsfeste der Dresdener Kunsthochschule, die noch auf die Gauklerfeste der 20er Jahre zurückgingen? Ich kann mich gut erinnern, dass die Student:innen der Restaurierung zu meiner Zeit bei den Vorbereitungen intensiv mitgewirkt, ganze Räume gestaltet und ausgemalt haben. Der öffentliche Hochschulfasching wurde dann in drei Nächten ausgelassen gefeiert. Schwerer war es danach ausreichend Hilfskräfte zum Abbau zu finden.

Was war Ihr prägnantestes Erlebnis während des Studiums?

Sicher die Geburt unseres Sohnes Caspar im September 1979, zu Beginn meines Diploms. Der Kinderwagen stand damals mitunter neben dem Fotolabor im Garten, wenn ich dort zu tun hatte.

Ihr persönlicher Lieblingsort in Dresden?

Das sind sicher die weiten Elbauen, die Dresden prägen. Aber natürlich auch die beiden Galerien, die Gemäldegalerie Alte Meister und die Galerie Neue Meister, wo ich fast mein ganzes Berufsleben verbracht habe und wo ich mich heimisch fühle.

Wie gestaltete sich der Austausch national und international?

Der nationale Austausch war in der kleinen DDR immer gegeben, wie ich schon beschrieben habe.
Die internationalen Kontakte wurden in der Dresdner Restauratorenausbildung von Beginn an mit viel Engagement aufgebaut. Erste Gastvorlesungen hörten wir von Van Asperen de Boer, Gerhard Banik, Volker Schaible, Ulrich Schießl, Bent Hacke, Franz Mairinger.

Gerald Kaspar und Hubert Dietrich aus Wien führten in Dresden die Wiener Kleisterdoublierung in praktischer Atelierarbeit mit Studenten durch.
Studentenaustausch gab es mit vielen osteuropäischen Ausbildungsstätten. Wir reisten nach Krakow, Leningrad, Moskau, Prag und Budapest. Später öffneten sich auch die Beziehungen nach Wien.

Gelesen haben wir neben den Beiträgen der Fachgruppe Restauratoren im Verband auch internationale Fachzeitschriften, vor allem: Maltechnik-Restauro, Studies in Conservation, die Berichte des ICOM – Comites for Conservation und von IIC.

Ein großes Ereignis war für mich die ICOM-Tagung zum Thema Ausbildung an der HfBK in Dresden im September 1983, an deren Vorbereitung ich als Assistentin mitwirken konnte.

Abb. 3: ICOM-Tagung zum Thema Ausbildung, September 1983 in Dresden, Teilnehmer der Exkursion auf den Treppen von Schloss Pillnitz
Foto: HfBK Dresden, Asmus Steuerlein

Haben Sie weiterhin Kontakt zu Kommiliton:innen, Dozent:innen oder der Hochschule?

Ich bin der Hochschule während meiner ganzen Berufstätigkeit verbunden geblieben, bereits 1986 habe ich im Honorarauftrag das Fachgebiet: „Integration von Fehlstellen in der Gemälderestaurierung“ von K.-H. Weber übernehmen können. Nach der Hochschulreform in den frühen 1990er Jahren dann nicht mehr im Blockunterricht, sondern als Vorlesungsreihe. Nach 2007, als Honorarprofessorin, konnte ich als Korreferentin mehrere Diplomarbeiten mit betreuen, speziell für die Fachklasse von Ursula Haller.

Die Zusammenarbeit zwischen den Museen der SKD und dem Fachbereich Restaurierung der HfBK waren vielseitig und für uns immer sehr bereichernd. Viele Vorpraktika, studentische Praktika und Seminararbeiten in den Jahrzehnten wären aufzuzählen.

Wie viele Praxiseinheiten gab es vor und während des Studiums?

Das ein- bis zweijährige Vorpraktikum war zu Beginn noch etwas differenzierter, da einige Studierende bereits über mehrere Jahre in Museen gearbeitet hatten, bzw. fachlich naheliegende Ausbildungen besaßen. Später etablierten sich feste Vorpraktikantenstellen in Museen und in der Denkmalpflege.

Studentische Praktika gab es am Ende der Semester, im Winter und im Sommer – im Winter u. a. Laborpraktika zu Pigmenten und Bindemitteln, im Sommer folgten Fachpraktika: Beispielsweise waren wir unter Anleitung von Roland Möller im Kloster Vessra, in der Rhön, und konservierten Wandmalerei im Refektorium. Als Assistentin habe ich mehrmals im Februar Studierende beim Praktikum im Stadtmuseum Zittau betreut. Notsicherungen und Fassungsfestigungen an polychromen Holzskulpturen waren dort dringend erforderlich.

Abb. 4: Praktikum im Stadtmuseum Zittau, Studentinnen beim Sichern von gelockerter Farbfassungen an polychromierten Holzskulpturen Foto: privat

Im Grundstudium gab es bei uns noch ein künstlerisches Sommerpraktikum im Studienplan. Gern erinnere ich mich an die Wochen in Mecklenburg mit Gunther Jacob. Wir zeichneten und aquarellierten in der Landschaft. Sicher wäre noch vieles aufzuzählen, auch unsere dreiwöchige Reise, im Rahmen des Studentenaustausches mit Leningrad und Moskau, mit Besuchen der Ausbildungsstätten im Repin-Institut, im Institut Grabar, von Werkstätten in Museen und Schlössern. Dazu gehörte auch der Gegenbesuch der Studenten der Kunstgeschichte aus Leningrad in Dresden, den wir betreuten.

Welche großen Namen aus der Restaurierung und Denkmalpflege aus Ihrer Studienzeit fallen Ihnen ein?

Das ist schwierig, was sind „große Namen“? Die wichtigsten Lehrer habe ich bereits aufgezählt und sie gehören auch hierher.
Ich möchte darüber hinaus an die Generation erinnern, die für mich als Anfänger das Berufsbild darüber hinaus mit geprägt hat: Also vielleicht Dresden zuerst, neben Karl-Heinz Weber, Gerhard Rüger, Jochen Flade aus der Gemälderestaurierung der SKD, Hans Nadler, Fritz Löffler, Lenard Mühlfriedel aus dem Institut für Denkmalpflege, Angela Möller aus Thüringen und Hans-Joachim Gronau aus Berlin.

Aber sicher muss man als „große Namen“ auch die Fachautoren nennen, die wir gelesen haben, vor allem: H. Althöfer, G. A. Berger, P. B. Boissonnas, T. Brachert, R. L. Feller, G. Hedley, A. Ketnath, E. V. Kudrjavcev, H. Kühn, F. Mairinger, V. R. Mehra, K. Nicolaus,  H. Ruhemann, B. Slansky, R. E. Straub, J. Taubert, R. Wagenführ, E. Weddingen, K. Wehlte, C. Wolters.

Die ersten Dresdner Lehrbücher erschienen zu Beginn der 1980er Jahre noch in Paperback im Eigenverlag (Schramm/ Hering, Historische Malmaterialien und ihre Identifizierung, Sandner/Meier, Die Konservierung von Leinwandbildern und F. Deckers Band zu Historischen Maltechniken).

Ihr Lieblingsgericht in der Mensa oder Ihr Lieblingsmittagsdomizil?

Die Mensa in der Güntzstraße befand sich im Erdgeschoss des kriegszerstörten Anbaus (ehemaliges Kunstgewerbemuseum, Brühlscher Saal). Heute ist dort das Projekttheater.
Der Komplex hatte zu meiner Zeit noch im Erdgeschoss ein Notdach und wurde als Studentenmensa und Küche genutzt. Eine kleine Dozentenmensa gab es nebenan. Das Essen war preiswert und einfach. Da das Hauptgebäude auf der Brühlschen Terrasse keine Mittagsversorgung anbot, fanden sich in der Güntzstraße viele Studenten und Dozenten zu einer warmen Mahlzeit zusammen. Der Hof mit seinen Wiesen und Bäumen war mittags immer ein sehr beliebter Treffpunkt. Vieles war dort auch auf dem kurzen Dienstweg zu erledigen.

Was wünschen Sie dem Studiengang in Dresden zum 50. Jubiläum?

Gesundheit und Schaffenskraft!  – Viele interessierte Studentinnen und auch viele interessierte Studenten. –  ausreichend Stellen im Lehrkörper, auch für den Mittelbau.
Weiterhin eine so wissenschaftlich fundierte, feinsinnige Ausbildung, mit hohem Anteil an studentischer Praxis an originalen Kunstwerken.
Gute Beziehungen zu vielen Praxispartnern in Museen, der Denkmalpflege und zu freiberuflichen Kollegen und eine offene fachliche Debatte zwischen den sich immer weiter differenzierenden Fragestellungen im Kosmos der Restaurierung.

Die ersten 50 Jahre sind nun schon ein beachtliches Stück Restaurierungsgeschichte, hier in Dresden. Also alles Gute für die nächsten 50 Jahre!  – mit mindestens weiteren 500 Absolvent:innen – und allen Erfolg und eine sichere berufliche Perspektive!

Die Fragen stellten für den VDR Patricia Brozio und Mirjana Preibusch.

Zur Person Prof. Marlies Giebe:

  • 9. 10. 1956 in Dresden geboren
  • 1974-1975 Abitur, künstlerisches Abendstudium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden
  • 1974 Praktikum in der Restaurierungswerkstatt der Gemäldegalerien der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
  • 1975-1980 Studium an der  Hochschule für Bildende Künste Dresden,  Fachrichtung Gemälderestaurierung, Diplom, Mentor: Prof. Karl-Heinz Weber
  • 1981-1984 Assistentin bei Prof. Dr. Ingo Sandner an der HfBK Dresden, Fachrichtung Restaurierung, Schwerpunkt:  Leinwandbildkonservierung
  • 1983-84 Restaurierung für das Lindenau Museum Altenburg
  • ab 1984 Gemälderestauratorin an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerien Alte und Neue Meister
  • 1993 Gastvorlesungen an der Akademie für Bildende Künste Wien
  • 2003-2020 Leiterin der Restaurierungswerkstatt für Gemälde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Galerie Neue Meister
  • 2002-2008 Koordinierung der umfangreichen Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten an flutgeschädigten Gemälden und Rahmen der SKD
  • 2003-2004 Restaurierung des Gemäldes Johannes Vermeer „Bei der Kupplerin“
  • seit 1986 Lehraufträge an der HfBK Dresden, Fachbereich Restaurierung, Themenschwerpunkt: Integration von Fehlstellen in der Gemälderestaurierung
  • Betreuung von Praktika, Seminar- und Diplomarbeiten
  • 2007 Honorarprofessur an der HfBK Dresden
  • 2013-2014, Kunsttechnologische Untersuchungen zu Otto Dix „Der Krieg“, gemeinsam mit Maria Körber
  • 2013-2017 Leitung des Restaurierungsprojektes: Paolo Veronese – Der Cuccina-Zyklus
  • Während der Leitung der Restaurierungswerkstatt, Betreuung von umfangreichen Baumaßnahmen an den Museumsgebäuden und Leitung der restauratorischen Maßnahmen zur Neueinrichtung der Galerie Neue Meister im Albertinum 2010 und der Sempergalerie 2020.
  • seit 2020 im Ruhestand.
  • Veröffentlichungen zu restauratorischen Themen und zu Gemäldeuntersuchungen an Werken der Dresdener Gemäldegalerie Alte Meister und Galerie Neue Meister: u.a. zu Giorgione und Tizians „Schlummernder Venus“, Johannes Vermeer „Bei der Kupplerin“, dem Bestand an Gemälden von Pietro Rotari, Bernardo Bellotto, Carl Gustav Carus, Ludwig Richter, Ferdinand von Rayski, Toulouse- Lautrec, Oskar Kokoschka, Otto Dix, Wilhelm Lachnit, sowie Mitarbeit am Bestandskatalog Spanische Malerei.

Bildnachweis Portraitaufnahme:
Prof. Dipl.-Rest. Marlies Giebe, im Albertinum, 2020, Foto: Wolfgang Kreische

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